Buhrufe für Premier

Putin im Moskauer Olympiastadion ausgepfiffen

Ausland
21.11.2011 13:14
Russlands Regierungschef Wladimir Putin ist am Sonntag beim Besuch einer Kampfsportveranstaltung in Moskau von vielen der 22.000 Besucher ausgebuht und ausgepfiffen worden. Putin war nach dem Event in den Ring gestiegen, um dem Sieger zu gratulieren. Dabei regte sich im Publikum lautstarker Protest - nach offiziellen Angaben allerdings lediglich als Reaktion auf die zu lange Rede des Premiers...

Putin, der es im Judo bis zum schwarzen Gürtel brachte, pflegt durch den regelmäßigen Besuch von Kampfsportveranstaltungen sein Image als "starker Mann". Und zwei Wochen vor der Parlamentswahl in Russland wollte es sich der - im Staatsfernsehen ohnehin dauerpräsente - Regierungschef natürlich nicht nehmen lassen, auch diese Veranstaltung im Olympiastadion der russischen Hauptstadt für eine "Putin-Show" zu nützen. Doch diesmal kam es anders als geplant.

Premier wegen Buhrufen "bestürzt"
Am Sonntagabend hatte der Premier den Mixed-Martial-Arts-Kampf zwischen Fjodor Jemeljanenko und seinem Gegner aus den USA, Jeff Monson, verfolgt. Nachdem Jemeljanenko den Kampf gewonnen hatte, stieg Putin in den Ring, um seinem Landsmann zu gratulieren. Dabei reagierten jedoch zahlreiche Zuschauer mit Pfiffen und Buhrufen.

Der Radiosender Echo Moskwy kommentierte danach, der 59-Jährige sei "erstmals in seiner gesamten politischen Karriere ausgepfiffen" worden. Andere Medien berichteten, das Staatsfernsehen habe seine Mikrofone vor der Haupttribüne sofort abgeschaltet, als von dort Protest zu hören war.

Ein Sprecher der russischen Boxföderation, der neben Putin gestanden hatte, bestätigte gegenüber Echo Moskwy, dass die Buhrufe tatsächlich dem Ministerpräsidenten gegolten hatten. Andrej Basdrjow erklärte, Putin habe für einen Moment einen "bestürzten" Eindruck gemacht, sich dann aber schnell wieder gefangen. Erst als der Premier Jemeljanenko als "echten russischen Recken" bezeichnete, gab es auch Beifall.

2012 Comeback als Präsident geplant
Öffentliche Anfeindungen gegen Putin sind extrem selten. Umfragen bescheinigen dem Regierungschef immer noch große Popularität in der Bevölkerung. Putin, der bereits von 2000 bis 2008 Staatsoberhaupt war, will nach der Präsidentenwahl im März 2012 in den Kreml zurückkehren. Zuvor wird in Russland am 4. Dezember noch ein neues Parlament gewählt. Die von Putin geführte Partei Geeintes Russland ist aber zunehmend unbeliebt.

So warf erst am Montag der frühere sowjetische Präsident Michail Gorbatschow dem amtierenden Ministerpräsidenten zum wiederholten Mal einen unfairen Wahlkampf vor. Zudem warnte er vor Manipulationen bei der Auszählung der Stimmen. "Eigentlich ist es beschämend", sagte Gorbatschow bei einem Besuch in Berlin. Das Fehlen von freien Wahlen und das Demokratiedefizit zähle zu den größten Problemen Russlands: "Man muss wieder von Null anfangen. Das heißt, man muss mit dem Aufbau der Demokratie wieder neu beginnen."

Druck auf Behörden und Geschäftsleute?
Der 80-Jährige machte Putin und seiner Partei Geeintes Russland schwere Vorwürfe. Die regionalen Behörden seien angewiesen worden, eine bestimmte Wahlbeteiligung sicherzustellen, damit die Regierungspartei eine Mehrheit bekomme. Auch Geschäftsleute würden unter Druck gesetzt. Um seine Befürchtung zu untermauern, dass es Wahlmanipulationen geben könnte, zitierte Gorbatschow den früheren Sowjetdiktator Josef Stalin. Dieser habe gesagt, bei einer Wahl komme es nicht auf die Abstimmung, sondern auf die Auszählung an. "Wir haben wirklich quer durch den Garten alles Mögliche an Problemen", sagte Gorbatschow.

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