Aleksandar Rakić erweckt den Eindruck eines harten Kämpfers, doch er ist mehr. Mit seiner Hingabe und dem Wunsch, junge Menschen zu inspirieren, verkörpert er eine neue Einstellung des heutigen Mannes. Von der Leidenschaft für den Kampfsport bis zur emotionalen Seite des Vaterseins - Rakić steht für eine neue Generation von Männern, die offen über ihre Gefühle sprechen und Erfolg auf ihre eigene Art definieren.
MMA-Star Aleksandar Rakic absolvierte im Mai einen Gast-Auftritt für Studierende an der Publizistik-Uni Wien und stand den jungen Damen und Herren in einer simulierten Pressekonferenz Rede und Antwort. Darauf basierend entstand dieser Text von krone.at-Gastautorin Marlene Amering.
Aleksandar Rakić - 1,96 Meter groß, circa 100 Kilogramm schwer, tätowiert und muskelbepackt. Der Raum wird still, als er 20 Minuten verspätet zu unserem Interviewtermin kommt. Alle Augen richten sich auf ihn, die ersten nervösen „Hallo“ und „Wie geht es dir?“ werden von leisen Stimmen geäußert. Natürlich wird noch schnell um eine Flasche Wasser gerannt, damit er wunschlos glücklich ist. Aleksandar setzt sich und beginnt das Gespräch, nun wirkt er auch ein bisschen nervös, vielleicht sogar peinlich berührt wegen der ganzen Aufmerksamkeit. Er entschuldigt sich für die Verspätung. Sein nettes Lächeln, Rückfragen, wie es uns geht, Zupfen an der Kleidung und Blicke zum Boden verändern seine Erscheinung. Es sitzt kein einschüchternder MMA-Kämpfer vor uns, sondern ein lieber, junger Mann.
Hingabe und Opfer: Der Alltag eines Profi-MMA-Kämpfers
Heute Morgen wurde Rakić um kurz vor sieben von der Doping-Agentur zu Hause besucht, um eine Urin- und Blutprobe abzugeben. Seinen Standort muss er quartalsmäßig anführen. Nach einem Anruf hat er eine Stunde Zeit, um eine*n Prüfer*in zu treffen. Manchmal auch zu unpassenden Zeiten - mit der Familie im Urlaub oder nach der Schlafenszeit seines Sohnes - klopft die US-amerikanische Anti-Doping-Agentur (USADA) an der Tür. Auf unser Erstaunen erwidert er nur Schulterzucken: „Das gehört dazu“. Auch von seinem letzten Kampf im vergangenen Jahr und der Verletzung, die er sich dabei zuzog und die ihn in eine Wettbewerbspause zwang, erzählt er ruhig.
Als wir in auf das kontroverse Thema des „Gewicht-Machens“ - das radikale Abnehmen vor einem Wettkampf - ansprechen, scheint er unglaublich relaxt. Mit Selbstverständlichkeit argumentiert er für die Abnehm-Tortur, bei der er 12 kg in 2 Wochen verlieren muss. Er findet es selbstverständlich, dass man als professioneller Sportler das ganze Jahr lang auf die Ernährung achtet und sieht keine gesundheitlichen Probleme aufgrund der extremen Gewichtsreduktion, weil man sowieso darauf vorbereitet sei. Training - Mittagsschlaf - Training - Analyse - Rakić sportelt wöchentlich zehn Mal und beim Abendessen wird die zuvor aufgenommene Performance analysiert, um jeden Tag besser als an dem zuvor zu sein. Seinen Verpflichtungen als Profisportler scheint er sich mehr als bewusst zu sein - er lebt dafür.
Vom Kickboxen zum inneren Gleichgewicht: Ein Kämpfer mit einem weichen Kern
Zurück zum Anfang. Mit 13 beginnt er mit dem Kickboxen, einem Sport, der ihn auslastet und fordert. Er kennt zu viele alte Freunde, die auf die falsche Spur gekommen sind, und der Kampfsport hilft ihm dabei, sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren. Zwar muss und sollte man die Kampftechniken außerhalb des Trainings nicht anwenden, aber das brauche man ja gar nicht - denn „wer Kampfsport macht, wird nicht gemobbt“. Das Kickboxen legt er jedem jungen Mann ans Herz, um mit seinen Gefühlen klarzukommen und ein starkes Selbstbewusstsein zu entwickeln. Rakić lässt uns immer tiefer in seinen weichen Kern hinter der harten Schale eintauchen. Er spricht über sein Lebensziel, UFC-Champion zu werden, darüber, wie schwer das letzte Jahr für ihn war, seine Zweifel und Ängste und seine Vorbilder, UFC Legende John Jones und Christiano Ronaldo. Die Frage „Warum tu‘ ich mir das an?“ stellt er sich regelmäßig nach seinen Trainingseinheiten. Der Fakt, einer den wenigen Menschen auf der Welt zu sein, der die Leidenschaft zum Kampfsport zu seinem Beruf machen kann, ist ihm Grund genug, alles dafür zu geben. Mit seinen Beiträgen auf Social Media erhofft er sich, junge Menschen zu erreichen und dabei zu unterstützen, erfolgreich im Leben zu sein.
Sensibilität und Vatersein: Ein unerwarteter Einblick
Aleksandar erzählt berührt und zugleich ernst davon, als er seinen drei Jahre alten Sohn mit zum Training nahm, damit er ihm bei seiner Leidenschaft zusehen kann. Der kleine Bub, besorgt um das Wohlergehen seines Vaters, war bald von Tränen überwältigt und musste von seiner Mutter abgeholt werden. Es ist die Art und Weise, wir Rakić über diese Situation spricht, die Ernsthaftigkeit und Sorge, wenn er diesmal etwas lauter sagt: „Ich will nicht, dass mein Sohn das noch einmal durchmachen muss!“ Er erklärt, dass die Reaktion seines Sohnes daran liege, dass er Sternzeichen Waage ist. Der Raum lacht, aber Rakić lässt nicht nach - „deswegen ist er sehr sensibel“. Dass sich ein professioneller MMA Kämpfer mit den Themen Sternzeichen und Sensibilität auseinandersetzt, haben wir nicht erwartet.
Was heißt es, Mann zu sein?
Aleksandar Rakić ist in vielen Aspekten genau das, was man sich vorstellt: ein trainierter, disziplinierter und ehrgeiziger Mann. Doch er verkörpert auch die Seite von jungen Männern, die über ihre Gefühle, Ängste und Ziele offen sprechen. Männer, die sich gerne auf Social Media darstellen, um Tipps zu geben, um Freundschaften zu knüpfen und auch um einmal Komplimente zu bekommen, die sie normalerweise nur vergeben. Seine Offenheit und seine emotionale Authentizität machen ihn zu einem Vorbild für eine neue Definition von Männlichkeit. Aleksandar zeigt, dass man nicht immer auf hart machen muss, um erfolgreich zu sein - sogar als professioneller MMA-Kämpfer.
Marlene Amering
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