Der Semmering verzaubert noch heute mit dem Charme der Belle Époque. Der Kurort in bester Höhenlage und die großen Häuser am Fuße des Berges rüsten sich für ihre Renaissance. Wenn die Sommerfrische im Sehnsuchtsort Einzug hält
Arthur Schnitzler in Reichenau, Heimito von Doderer in Prein, Sigmund Freud auf der Rax, Franz Werfel am Kreuzberg, Peter Altenberg, Hugo von Hofmannsthal, Karl Kraus und Stefan Zweig – sie alle suchten hier Erholung und Inspiration. Das Semmeringgebiet wurde ihnen von Zeit zu Zeit zum Kraftplatz. Zur Zerstreuung, aber auch für ihr kreatives Tun. In Romanen, Gedichten oder Dramen, in Tagebuchnotizen oder Briefen finden sich die Textspuren der Landschaft.
Meilenstein der Eisenbahngeschichte
Dass ein Zug den Semmering überqueren könnte, hat in den ersten Jahrzehnten des 19. Jh.s niemand für möglich gehalten. Doch dann kam Carl Ritter von Ghega und belehrte alle Zweifler eines Besseren. Mithilfe von 10.000 Männern und Frauen schuf er zwischen 1848 und 1854 ein technisches Meisterwerk: die Semmeringeisenbahn.
Die Bahnstrecke von Gloggnitz nach Mürzzuschlag überwindet insgesamt 459 Höhenmeter, führt über 100 gewölbte Brücken, 16 Viadukte und durch 15 Tunnels. Die erste normalspurige Gebirgsbahn Europas ist seit 25 Jahren UNESCO-Weltkulturerbe. Die Strecke gilt als Meilenstein der Eisenbahngeschichte.
Heute erwacht der Kurort Semmering in bester Höhenlage samt seinen großen Häusern mit neuen Ideen und neuen Konzepten. Auf der Suche nach der DNA des Semmerings begab sich unlängst das „Café Dezentral“, ein zeitgeistiges, global und lokal denkendes Projekt, das die historische Sommerfrische-Region erforscht, neu entdeckt, bespielt und Impulse für die Zukunft setzt. Einer der Beweggründe: dem Semmering neues Leben einhauchen. Der Erfolg bringt weitere Veranstaltungen der „DNA Semmering“ mit sich; die nächsten sind für Herbst geplant.
Zuvor besticht der Luftkurort aber noch mit Sommerfrische von anno dazumal. Mit seinem einzigartigen Ambiente an Originalschauplätzen, etwa das Südbahnhotel oder das Kurhaus Semmering. Wo man in eine längst vergangene Zeit eintaucht. Geprägt von Kunst und Kultur, langen Gesprächen und ebensolchen Spaziergängen.
Die Südbahn ermöglichte der besseren Gesellschaft eine gemütliche Anreise zur Sommerresidenz. Denn aus der „Eroberung des Südens“ entstand auch eine Touristenhochburg, die heute wie damals mit einem unvergleichlichen Charme überzeugt. Auf dem Balkon vor den Toren Wiens traf sich eine moderne großstädtische Oberschicht zwischen Villen und Grandhotels. Der Glanzzeit um 1900 folgten zahlreiche Krisen und Comebacks.
Das erste große Haus war 1882 das heute noch legendäre Südbahnhotel auf 1000 Meter Seehöhe. Hier lernte ein kleiner Kaiser Ski fahren, Künstler trafen Musen und Mäzene, Heiratswillige tanzten, und Geschäftsmänner verschwanden in Hinterzimmern. Es war ein buntes und illustres Treiben. Der Kur- und Sommerfrische-Tourismus wurde hier quasi erfunden und machte aus der kleinen Gemeinde einen mondänen Höhenluftkurort.
Manker kehrt zurück – Alma auf Sommerfrische
Als das Südbahnhotel aufsperrte, war es das einzige seiner Art an der damals höchsten Gebirgsbahn der Welt. Das ehrwürdige Haus, das derzeit renoviert wird, wurde bald zum Wahrzeichen des Semmerings.
Vom Ende der 1960er-Jahre bis zum Sommer 2017 blieben die Türen verschlossen. Seitdem konnte man beim Kultur.Sommer.Semmering das Südbahnhotel als traumhaft nostalgische Kulisse wieder mit Leben erfüllen. Heuer dreht sich im architektonischen Juwel wieder alles um die größte Femme fatale des 20. Jh.s, Alma Maler Werfel. „A Show Biz ans End“ ist ein Polydrama. Es werden immer mehrere Szenen simultan aufgeführt, der Zuschauer kann sich frei aussuchen, für welche er sich entscheidet. Wundervoll, stolz, morbide, elegant, geheimnisvoll – die Räumlichkeiten des ehemaligen Grandhotels eignen sich perfekt für das Erfolgsstück von Joshua Sobol und Paulus Manker.
Architektur & Essen mit Geschmack - im Looshaus
Einen ähnlichen Esprit versprühte einst das Kurhaus Semmering. Eingebettet in die malerische Bergkulisse, wurde es 1909 erbaut. Es repräsentiert den Übergang vom Späthistorismus zur funktionalistischen Moderne par excellence. Die Mischung aus Heimatstil, Schlossarchitektur und dekorativem Jugendstil à la Otto Wagner verzückt.
Das noble Kurhotel diente großen Denkern wie Max Reinhardt, Arthur Schnitzler, Gerhart Hauptmann, Peter Altenberg, Franz Werfel oder Alma Mahler als Sommerfrische-Refugium. Seit 1988 hat hier niemand mehr übernachtet. Aber das könnte sich bald ändern, denn Anfang 2020 hat der Grazer Hotelier Florian Weitzer das Objekt erstanden. Die historische Originalsubstanz soll bei der Sanierung erhalten bleiben, das traditionsreiche Haus als Hotel Grand Semmering wiedereröffnet werden.
Die Villa Schönthaler, benannt nach dem Hofbildhauer Franz Schönthaler, war 1882 die erste Villa des europaweit einzigartigen Villen-Ensembles am Semmering. Auch hier kann der Gast ausspannen und zur Ruhe kommen. Und nicht zuletzt lockt das Looshaus am Kreuzberg bei Payerbach mit seiner zeitlosen Architektur und modern interpretierter Hausmannskost.
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Hotel-Restaurant Looshaus verbindet zeitlose Architektur mit modern interpretierter Hausmannskost in Payerbach
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Ein Wochenende reicht wohl nicht aus. Denn Zwischen all der Nostalgie und Kultur locken zahlreiche Wanderungen noch höher hinaus, u. a. die Wanderung von Semmering nach Breitenstein. Die Tour startet beim Bahnhof Semmering und führt entlang des UNESCO-Welterbes Semmeringbahn. Bei der Doppelreiter Aussichtswarte bietet sich der Panoramablick auf die imposanten Viadukte und Tunnels mit Rax und Schneeberg im Hintergrund. Zuge rattern über das imposanteste Bauwerk der Ghegabahn, die „Kalte Rinne“. Der „20-Schilling-Blick“, benannt nach dem Motiv des 20-Schilling-Scheins. Ein einzigartiger Ausblick, der an frühere Zeiten erinnert.
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