Der Krieg in der Ukraine hat das Land zu einer der größten Minenfelder der Welt gemacht. Nach Angaben aus Kiew sind mittlerweile 30 Prozent der Fläche vermint, sowohl von der russischen als auch von der ukrainischen Armee. Beide Seiten verfügen über große Bestände an Sprengsätzen aus der Sowjetzeit.
„Das Ausmaß dieser Plage kann man kaum erfassen“, sagt Baptiste Chapuis von der Organisation Handicap International, der vor Kurzem in der Ukraine war. Während des Krieges sei es unmöglich, genaue Zahlen zu ermitteln oder betroffene Gebiete zu kartografieren.
Aus militärischer Sicht markiert der Krieg in der Ukraine eine große Rückkehr des Mineneinsatzes, so Stephane Audrand, Experte für internationale Risiken. Minen seien äußerst nützlich, um die Bewegungen des Gegners einzuschränken, erklärt er. Zudem könnten sie schnell und einfach verlegt werden. Die meisten Sprengsätze stammen dabei von russischer Seite.
Antifahrzeugminen gehören zur Kategorie der konventionellen Waffen. Antipersonenminen hingegen sind nach internationalem Recht verboten und durch das Ottawa-Übereinkommen von 1997 geächtet. Die Ukraine hat dieses Abkommen unterzeichnet, Russland jedoch nicht.
Minenfelder stellen für Russland ein Element der russischen Verteidigung dar. Moskau setzt sie umfangreich ein, indem es Panzerabwehrminen und Antipersonenminen mit verschiedenen Auslösemechanismen kombiniert. Antipersonenminen werden von allen Konfliktparteien verwendet, jedoch nicht in gleichem Ausmaß. Ihr Ziel sei es, zu töten oder zu verstümmeln. Manche Minen sind darauf ausgelegt, Gliedmaßen abzutrennen, andere zerfetzen den Unterleib.
Neben Antipersonen- und Panzerabwehrminen setzen die Konfliktparteien auch massiv Streumunition ein, die oft unentdeckt bleibt. Auch sie ist gemäß dem Osloer Übereinkommen von 2008 verboten, jedoch haben weder Moskau noch Kiew diese Vereinbarung ratifiziert. Es gibt auch selbstgebaute Sprengfallen, deren Sprengsätze Russen etwa auf Tieren und Leichen „montieren“.
Nicht nur das Land, sondern auch das Meer ist vermint. Minen stellen eine langfristige und tödliche Gefahr für die Zivilbevölkerung dar und gefährden die Wiederaufnahme des wirtschaftlichen und sozialen Lebens. Experten schätzen, dass es Jahrzehnte dauern wird, bis alle Minen geräumt sind.
Mit der Zerstörung des Kachowka-Damms im Süden der Ukraine in der vergangenen Woche hat sich die Minengefahr weiter erhöht. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnt davor, dass die Flut die Kunststoffminen an den Ufern des Dnipro fortgespült hat. Früher wussten wir, wo Gefahr drohte, sagt Erik Tollefsen vom IKRK. Heute wissen wir es nicht mehr.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.