Premiere an der Volksoper: Der in Deutschland lebende türkische Regisseur Nurkan Erpulat inszeniert Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“ mit unbeschwertem und freiem Blick.
„Eine orientalische Oper, die würde ich gerne machen!“, wünschte sich der in Deutschland lebende türkische Regisseur Nurkan Erpulat, als Volksopern-Direktorin Lotte de Beer auf ihn zukam. Die Entscheidung fiel auf „Die Entführung aus dem Serail“, Mozarts Türkenoper, die in Wahrheit wenig mit der Türkei zu tun hat.
Wien lag 1782 im Türkenfieber
Als die Oper am 16. Juli 1782 Premiere im Wiener Burgtheater feierte, da lag die Kaiserstadt gerade im „Turquerie“-, also im Türkenfieber. Genau 100 Jahre zuvor hatten die Türken Wien mit der Belagerung noch in Angst versetzt, nun waren sie das, was man heute wohl hip nennen würde. Und das damalige Orientbild färbte auch auf Mozarts Werk ab. „Wobei er sicher einen differenzierteren Blick hatte als manche Zeitgenossen“, so Erpulat. „Die Oper ist viel mehr von der Aufklärung geprägt als andere orientalische Werke.“
Nicht nur mit der Mischung aus neuen Klängen einer anderen Kultur und einem deutschen Libretto durchbrach Mozart die starren traditionellen Formen der Oper - er berührte auch mit einer zutiefst menschlichen Geschichte, die zeigte, dass es in jedem Volk Gute und Böse gibt. „Wobei der Pascha Bassa Selim, quasi der ,nette Türke‘, auch bei ihm nur ein Renegat aus dem Westen ist.“ Also ein vom Christentum Abgefallener. „Vielleicht war das ein Zugeständnis an das Denken im 18. Jahrhundert.“
Auch nicht gefeit vor den typischen Klischees
Vor den typischen Klischees von Orient und Okzident war auch Mozart natürlich nicht gefeit. Aber genau diese „Reibepunkte haben mich an der ,Entführung‘ gereizt. Ich als Türke kann ja viel freier und unbeschwerter auf diese Oper schauen“, so Erpulat. „Unsere Gesellschaft ist nicht perfekt, vielleicht braucht es das Aufzeigen von Klischees, um über gewisse Themen reden zu können.“
Aber eigentlich geht es in Mozarts Werk gar nicht so sehr um Ost und West, Orient und Okzident. „Es ist vielmehr eine große Liebesgeschichte.“ Eine, in der die Frauen eine - für Mozarts Zeiten erstaunlich - starke Rolle spielen. „Dieses Frauenbild ist aus heutiger Sicht auch ein sehr spannendes Material, mit dem man arbeiten kann. Wir haben die Frauenfiguren deswegen sehr stark aufgewertet.“
Vor allem ist „Die Entführung aus dem Serail“ aber auch eine Komödie. „Sie vereint Witz und Tiefgang. Diese Verbindung ist eben möglich - und das möchte ich mit dieser Inszenierung ebenfalls erreichen.“
„Die Entführung aus dem Serail“ feiert am 17. Juni in der Wiener Volksoper Premiere. Karten gibt es hier zu kaufen.
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