Vor 60 Jahren wurde Wolfgang Pucher (84) zum Priester geweiht, goldenes Jubiläum feiert er als Vinzi-Pfarrer: zwei Anlässe für einen Rückblick. Mit der „Krone“ hat der Grazer Armenpfarrer über seinen Werdegang gesprochen.
Die richtigen Worte zu finden, fällt Pfarrer Wolfgang Pucher selten schwer, doch an seiner Predigt für sein 60-jähriges Priesterjubiläum knobelt er seit Tagen. „Einen Ansatz und ein Bild habe ich ja schon. Ich vergleiche die Vinziwerke mit einer Art Laserstrahl, der für arme Menschen immer sichtbar ist, daher dachte ich, der Titel des Festes ,Liebe muss brennen‘ passt gut.“
Auch er selbst brennt für die Nächstenliebe, das hat der Armenpfarrer oft bewiesen. Der erste Meilenstein seines rastlosen Wirkens war die Heßgasse.
Seit 50 Jahren in St. Vinzenz
Vor genau 50 Jahren ist er Pfarrer in Graz-St. Vinzenz geworden und mit einem „Slum“ konfrontiert gewesen. 800 Menschen hätten in vier Häusern unter unvorstellbaren Umständen, zwischen Gewalt, Alkohol und Arbeitslosigkeit, gelebt: „Die Gegend in der Heßgasse war als Delogiertensiedlung bekannt. Als ich mich dort engagiert habe, gab es viele Gegner“, berichtet er von seinen Bemühungen, für die Menschen am Rand der Gesellschaft etwas zum Positiven zu verändern.
Dem Gegenwind hat er standgehalten und die Entfernung des Straßenschildes bewirkt. Heute liegt die Tafel mit der Aufschrift „Heßgasse“ in seinem Büro und erinnert an ein „schreckliches Stigma“.
„Niemand wollte helfen“
Auch die Zeit des Bosnienkriegs kann Pucher nicht vergessen. Die Männer, die Anfang der 90er geflüchtet sind und am Grazer Hauptbahnhof ankamen, hat er noch bildlich vor Augen. „Es waren über 100 Burschen, denen niemand helfen wollte. Ich habe sie in Zelten untergebracht, die auf dem Sportplatz der Vinzenzpfarre aufgestellt wurden.“ Wieder konnte Pucher nicht wegschauen. „Mit diesem Zeltdorf sind wir dann bekannt geworden.“
In der eigenen Pfarre sei allerdings eine richtige Hetze gegen ihn ausgebrochen. Doch viele Menschen hätten auch ihre Herzen geöffnet und Spenden gebracht. „Sie haben erkannt, was Christ sein bedeuten kann.“
Viel innere Stärke
Für ihn selbst heißt es, dass man einiges aushalten muss, wenn man bereit ist zu helfen. Seine innere Stärke hat sich bezahlt gemacht, denn das einstige Zeltlager hat sich zu einem sicheren Hafen für Menschen entwickelt, die ihr Leben nicht allein bestreiten können. „Heute haben wir in Graz acht Obdachlosen-Einrichtungen mit 240 Bewohnern und 600 Ehrenamtlichen.“
Dann hält Pucher inne. Auf die Frage, was sein Leben erfüllt, antwortet er: „Derzeit ist es die Möglichkeit, einer psychisch kranken Frau ein bisschen Lebensfreude zu vermitteln.“ Sein Prinzip sei die kleine Hilfe: „Wenn ein Mensch wieder lächelt, ist es ein Geschenk.“
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