Mit rund 25.000 Fans bilanziert der Eröffnungstag des Lido Sounds in Linz. Florence + The Machine, Interpol, Danger Dan und Co. lieferten ein Indie-Programm der Extraklasse, das die Fans mit Freude und Jubel annahmen. Auch zwei temporäre Regenschauer konnten die Freude nicht trüben. Heute geht es u.a. mit den Toten Hosen und Wanda weiter.
Ein Festival mit einem potenziellen Headliner starten, das sieht man selten. Das Lido Sounds präsentierte zur Premiere bereits um 13 Uhr den deutschen Politkritiker und Vollblutmusiker Danger Dan. „Er vertritt dieselben Werte wie wir“, hieß es seitens der Veranstalter. Das bedeutet: Inklusion, Zusammenhalt und gegen rechts. Auf dem Klavier fabuliert er vom „Kickboxtraining“, das ihm beim Verprügeln von Sextouristen in Bangkok hilft, sich selbst würde er gerne „Eine aufs Maul“ geben. Am Ende ist beim gebürtigen Aachener aber bekanntlich immer alles von der Kunstfreiheit gedeckt. Oder doch nicht?
Erste Unterbrechung
Aus der Heimat überzeugten gleich mehrere Asse. Lou Asril und die wundervolle Avec auf der Zeltbühne, die Indie-All-Star-Band My Ugly Clementine begeisterte mit alten und neuen Songs und dem 4-Non-Blondes-Cover „What’s Up?“, das vom Publikum lautstark mitgesungen wurde, auf der Hauptbühne. Diese musste nach einem plötzlichen Starkregen-Einfall für eine knappe halbe Stunde geräumt werden, weshalb die virtuose Anna Calvi ihren Gig kürzen musste. Die Gitarrenvirtuosin wirkte während des halbstündigen Gigs etwas absent, begeisterte die Fans aber restlos.
Gut für Coach Party. Die jungen Briten exerzierten nostalgischen Indie-Grunge-Punk bei ihrer Österreich-Premiere im randvollen Zelt, was natürlich auch den Witterungsverhältnissen geschuldet war. Die 90er-Nostalgieshow war trotzdem über alle Zweifel erhaben. Für Avec und ihre perfekt eingespielte Band war das Heimspiel ein einziger Triumphzug. Sichtlich ergriffen exerzierte sie ihre bekannten Hits und wollte gar nicht mehr aufhören. Im düsteren Zelt strahlte sie jedenfalls mit der wieder sengenden Sonne um die Wette.
Noch einmal starker Regen
Doch die Wetterkapriolen der letzten Wochen machten auch nicht vor Linz Halt. Während die mittlerweile in Los Angeles wohnhafte Britin Arlo Parks eine etwas zaghafte, aber melancholisch-schöne Österreich-Premiere gab, goss es noch einmal aus Strömen. Auf der Hauptbühne mussten die Indie-Darlings alt-J schon nach wenigen Minuten von der Bühne - Sicherheit geht vor. Die erneut halbstündige Verzögerung ging auf Kosten der Gesamtspielzeit, was Band und Fans aber relativ locker hinnahmen. Überhaupt war die Stimmung bei der Festivalpremiere fast durchgehend hervorragend. Ein reichhaltiges Kulinarikangebot, ausreichend Wasserstellen, Bankomaten am Gelände, Cashless-Bezahlmöglichkeiten. Bleibt nur die Frage, wie sehr sich der Beton erhitzt, wenn es am Sonntag erstmals über 30 Grad haben soll.
Die Temperaturen stiegen am Abend auch noch ein letztes Mal auf der Zeltbühne. Die Amerikaner von Interpol brachten mit einer furiosen Lichtshow das Indie-Feeling der 2000er-Jahre in die Stahlstadt. „Turn On The Bright Lights“ (2002) und „Antics“ (2004) gelten für die Fans wie Bibeleinträge, dementsprechend lieferte das Quartett eine furiose Best-Of-Show ab. „Bei Festivals wollen die Menschen rocken, da experimentieren wir nicht sonderlich herum“, erzählte uns Frontmann Paul Banks im „Krone“-Talk vor der Show. Beeindruckend fand er im Backstage-Bereich die sportlichen Möglichkeiten. „Bei Festivals habe ich wenig Zeit, um mir ein genaues Bild zu machen, aber wir haben hier einen Basketball-Korb. Das macht mich glücklich.“
Sound für Nostalgiker
Diese Freude projizierte sich auf die Bühne. Für manch jüngere Semester mag die rockige Show etwas aus der Zeit gefallen zu sein, doch die älteren Semester feierten bei der Nostalgie-Party persönliche Erinnerungen. Tracks wie „PDA“ oder „Slow Hands“ verwandelten den bierdurchtränkten Betonboden zur Tanzfläche, doch da direkt nach Ende des Gigs auf der Hauptbühne bereits Florence + The Machine starteten, machten sich zahlreiche Musikfanatiker schon vor dem Set-Ende auf den Weg gen Hauptbühne. Aufgrund des durchdachten Wegleitungssystems funktionierte die Völkerwanderung ohne grobe Vorfälle.
Für Florence Welch, Frontfrau des famosen Band-Kollektivs Florence + The Machine, positionierten sich die treuesten Fans samt Gesichtsbemalung schon zu Mittag in den ersten Reihen, durchtauchten dabei Sonne, Wind und Wetter. Die Belohnung dafür war das beste Konzert des ersten Lido-Festival-Abends. In einer langen Robe tänzelte die 36-Jährige barfuß wie eine Elfe über die Bühne, ging bei mehreren Songs auf direkte Tuchfühlung mit den Fans, lehnte sich rücklings weit ins Publikum und kassierte dafür staunende und ehrwürdige Blicke. Predigend wie Nick Cave und sich grazil bewegend wie Kate Bush sprengte sie in ihrem Set sämtliche Genre-Ketten. Art-Pop, Soul, etwas Folk, Indie-Chic. Nichts war verboten, alles erwünscht.
Heute geht es munter weiter
Trotz der beiden längeren Regenunterbrechungen fällt das Resümee der Festivaleröffnung grundpositiv aus. Rund 25.000 Fans feierten den Auftakt des urbanen Indie-Festivals, das eine neue Duftnote in der heimischen Musiklandschaft setzt. Mit ähnlich viel Auftrieb rechnet man heute, wenn die deutschen Punk-Legenden Die Toten Hosen, Österreichs führende Austro-Popper Wanda oder die kultigen Beatsteaks ihre großen Hits zum Besten geben. Zudem geht die Regenwahrscheinlichkeit gegen null. Einer erfolgreichen Fortsetzung der Party steht wenig im Weg.
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