Gefallene werden älter

Moskau verliert hauptsächlich „Wegwerf-Truppen“

Ausland
17.06.2023 14:11

Russland hat ganz offensichtlich nicht damit gerechnet, dass die „militärische Operation“ in der Ukraine sich so lange in die Länge ziehen wird - und musste daher auch bei der Rekrutierung von Soldaten kreativ sein. Das wirkt sich auch auf den Typus der Gefallenen aus: Starben in den ersten Monaten noch eher jüngere Vertragssoldaten, sind es nun häufig ehemalige Gefängnisinsassen und Reservisten, die ihr Leben auf dem Schlachtfeld lassen. Ein Experte bezeichnete diese als Moskaus „Wegwerf-Truppen“.

Eine Auswertung der bisherigen Gefallenen von BBC Russia und dem unabhängigen russischen Medienportal Mediazona zeigt, dass Russland seine regulären Einheiten nun eher weit hinter der Front versteckt als noch zu Beginn des Krieges. Denn die Soldaten, die nun in der Ukraine sterben, sind älter, viele wurden aus dem Gefängnis rekrutiert oder standen zu Beginn des Konflikts noch nicht im Dienst.

Nur belegte Todesfälle flossen in Statistik ein
So sollen in den ersten drei Kriegsmonaten vergangenes Jahr hauptsächlich 21-jährige Vertragssoldaten gestorben sein - nun ist der typische gefallene russische Soldat „ein 34-jähriger Ex-Häftling unbekannten Ranges", heißt es in dem Bericht. Für die Auswertung nahmen die Journalisten der beiden Medien nur Kämpfer in die Datenbank auf, deren Tod eindeutig belegt ist. Diese Informationen werden beispielsweise durch Beiträge von Angehörigen in sozialen Netzwerken gesammelt. 

Ein zerstörter russischer Panzer in der Ukraine - hinter jedem zerstörten Kriegsgerät stecken jedoch auch menschliche Schicksale. (Bild: AP/Efrem Lukatsky)
Ein zerstörter russischer Panzer in der Ukraine - hinter jedem zerstörten Kriegsgerät stecken jedoch auch menschliche Schicksale.

Hohe Diskrepanzen bei Angaben zu gefallenen Soldaten
Den Recherchen zufolge sollen bisher mindestens 25.528 russische Soldaten gefallen sein. Die tatsächliche Anzahl soll allerdings um ein Vielfaches höher sein - die ukrainische Militärführung spricht von mehr als 200.000 toten Russen. Das Verteidigungsministerium in Moskau räumt dagegen nur den Verlust von 5937 Kämpfern ein. 

Wagners Ex-Häftlinge laut Experten nur „Wegwerf-Truppen“
Jack Watling, Experte des britischen Royal United Services Institute erklärte gegenüber BBC, die in Gefängnissen rekrutierten russischen Soldaten, die im Dienst der Gruppe Wagner standen, seien „Wegwerf-Truppen“, die eingesetzt werden, um ukrainische Einheiten mürbe zu machen oder um Stellungen der ukrainischen Armee für russische Artillerieschläge zu identifizieren. „Sie werden mit der Erwartung in den Kampf geschickt, dass sie sterben“, so Watling. Die regulären Einheiten würden nur eingesetzt, „wenn die Bedingungen stimmen“.

Russland im Luftraum über dem Süden der Ukraine überlegen
Britische Geheimdienste erklärten in einem aktuellen Bericht, dass Russland im Luftraum über dem Süden der Ukraine einen Vorteil erlangt habe. Moskau sei vor allem aufgrund Kampfhubschraubern, die Geschosse mit großer Reichweite gegen Ziele am Boden einsetzen könnten, überlegen. Auf Bildern sei zu erkennen, dass 20 zusätzliche Hubschrauber am Flughafen Berdjansk stationiert worden seien. Der Airport befindet sich etwa 100 Kilometer hinter der Front.

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