Auf sozialen Netzwerken wie TikTok verbreiten sich halsbrecherische Challenges und gefährliche Trends unter Jugendlichen oft schneller als Schuldirektoren lieb ist. Das Innenministerium versucht mit Präventionsarbeit gegenzusteuern. Aus Angst vor dem „Problemschul-Stempel“ werden entsprechende Angebote jedoch oft nicht genutzt. Dabei kommt es in Bildungseinrichtungen immer wieder zu Vandalenakten, Ende Mai setzten zwei 15-Jährige eine Schule in Niederösterreich unter Wasser.
Das Duo manipulierte laut Polizei am 26. Mai eine WC-Anlage im ersten Stock des Schulzentrums Waidhofen an der Ybbs. Der Schaden machte mehr als 100.000 Euro aus. Die beiden Burschen gestanden sofort.
Challenges stiften teils zu Mobbing, Gewalt oder Sachbeschädigung an
Auch darum setzt die Polizei auf Präventionskurse im Rahmen der Initiative „Under 18“. An der Neuen Mittelschule Wendstattgasse in Wien-Favoriten finden solche Workshops seit mehr als zwölf Jahren statt. „Es ist wichtig, dass die Schulen erkennen, dass so eine Zusammenarbeit mit der Polizei einen Mehrwert bietet“, sagt Direktor Markus Ratz. Denn die Bandbreite an Herausforderungen im Bereich der Kriminalprävention an Schulen sei groß - von Mobbing in den sozialen Medien über physische Gewalt bis hin zu Anstiftungen zur Sachbeschädigung auf der Online-Plattform TikTok. „Es ist nichts Schlechtes, wenn man an als Schule mit der Polizei zusammenarbeitet. Aber da gibt es sicher noch Vorbehalte, als Problemschule abgestempelt zu werden“, so Ratz.
Explosion mit Desinfektionsmittel ausgelöst
Seine Kollegin Erika Thurnher kann davon ein Lied singen. Die Leiterin des GRG auf der Schmelz in Wien-Rudolfsheim erinnert sich an einen Vorfall im Dezember 2021. „Es wurde Klopapier in einen Mistkübel gestopft und dann das ganze Desinfektionsmittel aus einem Spender drüber geleert, es kam zu einer Explosion.“ Die Feuerwehr rückte daraufhin an und löschte den Kleinbrand noch rechtzeitig. „Wir haben später erfahren, dass eine TikTok-Challenge der Grund dafür war“, so Thurnher. „Die Wände mussten dann neu verputzt werden.“
„Es gibt Challenges, die sind Gefahr für Leib und Leben"
Jörg Kohlhofer von der Kriminalprävention der Landespolizeidirektion Wien hat mit solchen Challenges in seiner Arbeit regelmäßig zu tun, allein heuer war er als Präventionsbeamter für Workshops bereits an 36 Schulen. „Diese Challenges sind auf jeden Fall noch immer evident“, sagt er. „Da gibt es wirklich Challenges, die sind Gefahr für Leib und Leben.“ Auf die gängigsten im Netz kursierenden TikTok-Challenges im Netz gehen er und seine Kolleginnen und Kollegen dabei bewusst nie ein. „Denn: Wir wollen die Kinder und Jugendlichen ja nicht neugierig auf etwas machen, das sie dann womöglich im Netz googeln, um es nachzumachen“, so Kohlhofer. „Aber wir holen die Kinder an Bord, wir holen die Eltern an Bord und wir holen die Lehrer an Bord“, so Kohlhofer. Vor allem Bewusstseinsbildung und Aufklärung stünden im Fokus, so der Experte.„Das Wichtigste ist aufmerksam sein und zuhören“, rät er Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrern.
Dabei würden sich die Themen in der Prävention schnell ändern. Vor allem das Internet wirke hier als Katalysator. „Die Onlinewelt ist sehr divers, von einer Sekunde auf die andere ist schon wieder was Anderes modern und es gibt einen Hype“, so Kohlhofer. Die Zielgruppe von „Under 18“ sind laut Bundeskriminalamt Jugendliche im Alter zwischen zehn und 17 Jahren. „Die Schulen wenden sich an uns, sagen was sie gerne hätten und wir erstellen ein Programm“, sagt Kohlhofer. Die Palette reiche von Cybercrime über Gewalt bis hin zu Suchtdelikten. Allein im vergangen Jahr fanden 4639 Beratungen österreichweit statt. Insgesamt arbeiten aktuell 450 Exekutivbedienstete als Präventionsbeamte.
2022 wurden 60.200 Delikte von Internetkriminalität angezeigt
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) verwies erst im Mai darauf, dass die Kriminalstatistik der vergangenen Jahre einen massiven Anstieg der Internetkriminalität gezeigt hat. „Allein 2022 sind knapp 60.200 Delikte angezeigt worden, eine Steigerung von 2021 auf 2022 um mehr als 30 Prozent.“ Jugendliche und Kinder seien hier sowohl Täter wie Opfer, „indem sie über Chatgruppen oder soziale Medien andere Jugendliche bedrohen. Aber auch, indem sie Opfer von sexueller Belästigung über das Internet werden“.
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