Wo die potenziellen Studierenden des Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) ab Oktober untergebracht werden soll, steht fest - welche Inhalte an der in Gründung begriffenen Digital-Uni gelehrt werden, ist aber wenige Monate vor dem Start noch unklar.
Bis Herbst sollen die ersten Studierenden am Linzer Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) inskribieren. Was genau man ab dem Wintersemester studieren kann und wie man zu einem Studienplatz kommt, ist allerdings noch offen, ebenso etwaige Auswirkungen auf die bestehende Johannes Kepler Universität (JKU). Auf der Haben-Seite ist zu verbuchen, dass Räume an der JKU zur Verfügung stehen und die Finanzierung paktiert ist. Fix ist auch Englisch als Arbeitssprache.
3000 Quadratmeter Fläche
Der Zeitplan, der einen Start im Wintersemester vorsieht, soll laut Gründungskonvent halten, auch wenn diesbezüglich zuletzt immer wieder Zweifel und Rufe nach einer Verschiebung laut geworden waren. Zwei Etagen im Science Park 4 der JKU stehen für das IDSA bereit. Mit den 3000 Quadratmetern Fläche, die schon für Meetings und Workshops genutzt würden, sei der Raum für den Programmstart im Herbst gesichert, wurde betont. Seitens der JKU hieß es, dass mit dem Wissenschaftsministerium vereinbart sei, dem IDSA die beiden Etagen zu vermieten und diese seit 1. Juli des Vorjahres freigehalten, aber bisher nur wenig genutzt würden. Das IDSA könne zudem „nach Maßgabe der Verfügbarkeit“ auch Seminarräume und Hörsäle der JKU mieten. „Die Vermietung erfolgt zu den ortsüblichen Konditionen, ein Vertrag liegt noch nicht vor.“
Neben dem Science Park geplant
Mittelfristig soll das IDSA auf Flächen neben dem JKU-Campus, angrenzend an den Science Park, Platz finden. Demnächst soll ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben werden. Bis gebaut wird, dürfte es aber nicht nur wegen des Wettbewerbs noch dauern: Die für den Bau vorgesehenen Gründe müssen umgewidmet werden, das Verfahren sei komplex, hieß es aus dem Büro des zuständigen Linzer Stadtrats Dietmar Prammer (SPÖ). Als Zeitrahmen sind eineinhalb Jahre als realistisch anzusehen.
Derzeit keine Kooperation mit JKU
Ob die JKU, die vorläufig dem IDSA Obdach gewährt, auch fachlich oder personell etwas an die neue Digitalisierung-Uni abgeben muss, ist unklar. Man sei derzeit keine Kooperationspartnerin des IDSA, hieß es bei der JKU. Stefan Koch, der ab Herbst JKU-Rektor ist, pochte bei seiner Vorstellung auf Kooperation statt „Kannibalisierung“. Die Weiterentwicklung des gesamten Universitätsstandorts sei der JKU ein großes Anliegen, man sei in diesem Sinne jederzeit zu konstruktiven Gesprächen mit dem IDSA bereit, wird von der Linzer Uni betont. Die JKU hat traditionell einen starken technischen Fokus. Die Uni verfügt etwa über ein internationales Lehr- und Forschungszentrum für Produkt- und Produktionsprozessforschung namens Linz Institute of Technology (LIT) und bietet seit dem Wintersemester 2019/20 ein Studium zu Artificial Intelligence an, das AI-Labor am LIT leitet der international anerkannte KI-Pionier Sepp Hochreiter. Überschneidungen dürften hier vorprogrammiert sein.
Noch keine eigen Website
Sucht man das IDSA im Internet, findet man bisher nur eine Subadresse auf der Website des Wissenschaftsministeriums. Dort heißt es, dass das IDSA „eine neue innovative Technische Universität für Digitalisierung und digitale Transformation“ sei und 2023/24 „die ersten Doktorandinnen und Doktoranden“ zugelassen würden - wie viele, welcher Richtung und ob es auch Bachelor- oder Masterstudierende geben wird, bleibt hier offen. An einem Founding Lab, das die Ars Electronica mit dem IDSA veranstaltet und das als Teil des IDSA-Kick-off gedacht ist, sollen allerdings 75 PhD- und Master-Studierende sowie 15 Fellows - also potenzielle Lehrende - partizipieren. Die Teilnahme soll aber nicht zwingend mit einem Studium am IDSA verbunden sein.
Wirbel um Bestellung
Die Arbeit des Gründungskonvents war von Verzögerungen und Nebengeräuschen geprägt: Der Rektor der Universität für Angewandte Kunst, Gerald Bast, legte sein Mandat im Konvent einen Tag vor den Hearings zurück, drei Mitglieder enthielten sich bei der Abstimmung wegen Befangenheit. Nach der Entscheidung für die Grazer TU-Professorin Stefanie Lindstaedt trat der vom Land Oberösterreich in den Konvent entsandte Fabasoft-Chef Helmut Fallmann zurück und richtete eine Aufsichtsbeschwerde an das Ministerium. Der atmosphärische Hintergrund ist auch nicht ungetrübt. Denn in Oberösterreich hatte man fix mit JKU-Rektor Meinhard Lukas als Gründungspräsident gerechnet. Lindstaedt kommt hingegen wie Konventsvorsitzende Claudia von der Linden - und auch Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) - aus Graz. Mehrere Gutachten unterschiedlichen Inhalts später ist man im Ministerium überzeugt, dass der Bestellungsvorgang rechtens war. Allerdings ist der Vertrag mit Lindstaedt noch nicht unter Dach und Fach. Es ist damit zu rechnen, dass sie im Juli offiziell vorgestellt wird.
Bis zu 5000 Studierende
Das IDSA geht auf eine Idee des früheren Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) aus dem Jahr 2020 zurück. Der Lehrbetrieb soll nach derzeitigem Plan bereits im Herbst starten, der Endausbau 2036/2037 mit 5000 Studierenden und 150 Professorinnen und Professoren erreicht sein. Was die Finanzierung angeht, sind für die Gründungsphase 2022 und 2023 18,4 Mio. Euro vorgesehen, die aus der Ministerreserve des Wissenschaftsministeriums gedeckt werden. Ab 2036/37 sollen der Universität jährlich 150 Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden. Die Errichtungskosten werden ab dem Studienjahr 2023/24 von Bund und Land Oberösterreich gemeinsam 50:50 getragen - laut dem oö. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) beträgt der Anteil des Landes rund 117 Millionen Euro. Der Bund übernehme sämtliche aus dem Neuerrichtungsvorhaben entstehende Kosten und investiere laut Vereinbarung insgesamt rund 806 Mio. Euro.
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