Mit einem milliardenschweren Nachschlag bei den Subventionen beendet die deutsche Bundesregierung die Hängepartie um die geplante Chipfabrik von Intel in Magdeburg. Der US-Konzern stecke mehr als 30 Milliarden Euro in zwei sogenannte Megafabs und schaffe langfristig etwa 3000 hoch qualifizierte Arbeitsplätze, erklärte Intel am Montag. Dies sei die höchste Direktinvestition eines ausländischen Unternehmens in der Geschichte der Bundesrepublik, sagte der deutsche Kanzler Olaf Scholz nach einem Treffen mit Intel-Chef Pat Gelsinger.
Mit der Angelegenheit vertrauten Personen zufolge schießt der Staat dabei zehn statt der ursprünglich in Aussicht gestellten 6,8 Milliarden Euro zu. Die Höhe der Subventionen war einer der Knackpunkte bei den Verhandlungen. „Wir bitten nicht um Almosen, wir wollen Wettbewerbsfähigkeit“, hatte Gelsinger am Freitag gesagt. „Arbeitskosten sind erheblich gestiegen, Materialkosten sind erheblich gestiegen. Die Kostenlücke war plötzlich größer als wir ursprünglich angenommen hatten.“ Außerdem sollen in der Fabrik nach Angaben vom Montag fortschrittlichere Chips als zunächst angedacht produziert werden. Das Werk werde das erste seiner Art in Europa.
Intel ist nicht das einzige Technologie-Unternehmen, das der deutsche Staat mit Fördermitteln ins Land lockt. So baut der US-Konzern Wolfspeed für umgerechnet 2,75 Milliarden Euro ein Werk im Saarland. Im schleswig-holsteinischen Heide soll eine neue Batteriefabrik des schwedischen Anbieters Northvolt entstehen. Gleichzeitig verhandelt die Regierung mit dem weltgrößten Chip-Auftragsfertiger TSMC über den Bau eines neuen Werks in Dresden.
Würden alle geplanten Projekte umgesetzt, steige Deutschland zu einem der weltweit führenden Halbleiter-Produzenten auf, sagte Scholz bei einer Veranstaltung des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Kurt Sievers, Chef des Chip-Herstellers NXP, lobte auf derselben Tagung die Initiativen, warnte aber vor einer einseitigen Förderung von Produktionsanlagen. „Diese Fabriken werden nur gefüllt werden können, wenn auch die Innovationen hier vorhanden sind.“ Das Ziel müsse sein, langfristig attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen.
Begehrte Technologie
Denn auch andere Staaten buhlen mit Steuermilliarden um die Branche. Insidern zufolge will China der heimischen Branche mit umgerechnet 136 Milliarden Euro unter die Arme greifen. Japan und Südkorea planen Ähnliches. Die USA schnürten ein gut 52 Milliarden Dollar schweres Investitionspaket, die EU hält mit einem eigenen Programm dagegen. Die Fördervolumnia der „Chips Acts“ in den USA und der EU seien ähnlich, aber jenseits des Atlantik fielen Entscheidungen schneller, erläuterte NXP-Chef Sievers. Durch das Gerangel zwischen Brüssel und den Mitgliedsstaaten gehe zu viel Zeit verloren.
Umstrittene Subventionen
Ökonomen stellten dagegen den Subventionswettlauf als solchen infrage. „Das Geld wäre definitiv besser angelegt in Bildung als für solche Prestigeprojekte“, kritisierte Stefan Kooths, Vizepräsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. „Bildungsrenditen sind ungleich höher als die jeder Sachkapitalinvestition.“ Außerdem sei das Arbeitsplatzargument „Augenwischerei“. Intel ziehe zwar gut qualifizierte Beschäftigte an. Die würden aber auch woanders unterkommen.
Clemens Fuest, der Chef des Münchener Ifo-Instituts, bezeichnete die Subventionen in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters als „fragwürdig“. Es sei unklar, ob in Magdeburg auch diejenigen Chips produziert würden, für die es in Europa einen Bedarf gebe. Außerdem erhielten energieintensive Chip-Fabriken durch den Industriestrompreis doppelte Staatshilfen.
Weltweit auf Expansionskurs
Intel nimmt derzeit viel Geld in die Hand, um im Wettbewerb mit Konkurrenten wie AMD, Nvidia oder Samsung zu bestehen: In den vergangenen Tagen kündigte der US-Konzern den 25 Milliarden Dollar schweren Bau eines Werks in Israel an. „Das ist die größte Investition, die jemals ein internationales Unternehmen in Israel getätigt hat“, sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
Rund 4,6 Milliarden Dollar will Intel außerdem in Polen investieren. In Breslau soll ein Werk zum Test und zur Montage von Prozessoren entstehen. Das Volumen dieses Projekts sei ebenfalls ein Rekord der Landesgeschichte, erläuterte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki.
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