Schon die bisherigen Indizien lassen kaum Raum für Zweifel daran, dass die russischen Besatzer den Kachowka-Staudamm in der Ukraine gesprengt haben. Nun legt das ukrainische Militär neue Beweise vor, die zeigen sollen, wie die Sabotage bewerkstelligt wurde.
Fotos, die das ukrainische Militär der Nachrichtenagentur AP übergab, zeigen ein offenbar mit Sprengstoff beladenes Auto auf dem Damm. Sie datieren vom 28. Mai, wenige Tage bevor die Staumauer und das Kraftwerk am 6. Juni zerstört wurde. Auf den Drohnenaufnahmen ist ein weißes Fahrzeug zu sehen, dessen Dach offenbar weggeschnitten wurde. Darin liegen mehrere Fässer, auf einem scheint eine Tellermine befestigt zu sein. Ein Kabel führt vom Auto weg.
Ukraine: Eigentliche Sprengung im Inneren
Vermutlich diente das mit Sprengstoff beladene Fahrzeug dazu, ein etwaiges Vordringen ukrainischer Kräfte auf den Damm zu verhindern und die Explosion bei der Sprengung des Dammes, die im Maschinenraum der Anlage ihren Ursprung nahm, zu verstärken, erklärte ein Sprecher der ukrainischen Special Forces gegenüber AP.
Schon zuvor hat der ukrainische Geheimdienst den Mitschnitt eines Telefonats unter russischen Soldaten vorgelegt, der beweisen soll, dass die Russen den Staudamm absichtlich zum Bersten brachten. Ein weiterer Hinweis ist, dass das norwegische seismologische Institut Norsar zum fraglichen Zeitpunkt eine starke Explosion in dem Gebiet registrierte.
Sowohl Experten des österreichischen Bundesheers als auch das in den USA ansässige Institut für Kriegsstudien ISW, gehen davon aus, dass russische Streitkräfte hinter der Sabotage stecken. Dafür spricht nicht nur, dass die Invasoren den Damm seit Monaten besetzt halten, sondern auch, dass mit der Zerstörung der Vorstoß ukrainischer Truppen verzögert wurde.
Passendes Gesetz in Moskau verabschiedet
Auch Vertreter von Global Rights Compliance, einer internationalen Anwaltskanzlei für Menschenrechte, die wenige Tage nach dem Dammbruch das überschwemmte Gebiet aufsuchten, gehen davon aus, dass „sehr wahrscheinlich“ russische Truppen hinter der Zerstörung stecken, berichtet der britische „Guardian“. Sie weisen zudem darauf hin, dass ihn Russland kürzlich ein Gesetz verabschiedet wurde, dass ausgerechnet Untersuchungen zu Vorfällen in hydrotechnischen Anlagen in der besetzten Ukraine verbietet.
Russland hingegen bleibt weiterhin bei der Version, dass die Ukraine den Kachowka-Staudamm zerstört habe. Laut „Guardian“ traf sich der russische Präsident Putin kürzlich mit Militärbloggern und bekräftigte dabei, dass man kein Interesse habe, von Russland kontrolliertes Gebiet zu überschwemmen. Allerdings räumte er ein, dass die Überschwemmungen die ukrainischen Truppen daran hinderten, bei ihrer Offensive über den Fluss Dnipro in den südlichen Teil der russisch besetzten Oblast Cherson zu gelangen.
Durch das Auslaufen des Wassers ist das Reservoir ausgetrocknet:
Mindestens 52 Todesopfer
Durch die Sprengung des Damms vor zwei Wochen wurden zahlreiche Ortschaften überflutet, dabei kamen mindestens 52 Menschen ums Leben, Dutzende weitere gelten als vermisst. Mehr als 8000 Personen mussten in Sicherheit gebracht werden. Inzwischen ist der Wasserstand deutlich gesunken, laut ukrainischen Behörden stehen aber weiterhin 22 Siedlungen unter Wasser.
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