Wifo-Expertin Christine Mayrhuber erklärt, warum es gegen die Geldnot der Menschen in Wien andere Hilfe braucht als anderswo - und warum Einmalzahlungen in der Stadt mehr Sinn haben als im Rest von Österreich.
Ökonomen sehen Einmalzahlungen im Kampf gegen die Armut skeptisch. Für Wien relativiert die Expertin Christine Mayrhuber jedoch.
„Krone“: Frau Mayrhuber, befeuert Wien mit Boni und Einmalzahlungen die Inflation?
Christine Mayrhuber: Der Slogan „Wien ist anders“ trifft auch hier zu: Die Ökonomie ist mehr von Dienstleistung geprägt, die Erwerbstätigenquote - etwa durch den hohen Anteil an Studierenden, aber auch durch eine höhere Arbeitslosenquote - niedriger, und das Haushaltseinkommen im Schnitt geringer. Auch gibt es in Wien nur 19 Prozent Wohnungseigentum, im Vergleich zu 55 Prozent in Gesamtösterreich. Das bedeutet, es sind in Wien anteilig mehr Menschen von Mietpreissteigerungen betroffen und den Wohnenergiekosten ausgeliefert als im Rest von Österreich. Die Inflation wird damit vor allem in Wien nicht von der zusätzlichen Konsumnachfrage von vulnerablen Haushalten getrieben, sondern von den Energiepreisen. Die Einmalzahlungen für vulnerable Haushalte waren damit in der Vergangenheit wichtig.
Die Inflation wird in Wien nicht von der zusätzlichen Konsumnachfrage getrieben, sondern von den Energiepreisen.
Wifo-Expertin Christine Mayrhuber
Bild: Eric Kruegl
Und in Zukunft?
Es ist ein großer Unterschied, ob ich mit 1392 Euro im Monat - das ist die Armutsgefährdungsschwelle für Einpersonenhaushalte - in einer abbezahlten Eigentumswohnung lebe oder in einer Wohnung, wo ich die Hälfte für die Monatsmiete verwenden muss. Eine Neuregulierung von Mietpreisen und die Abschaffung der automatischen Indexierung bei Mieten wären wichtige Schritte zur Verbesserung der ökonomischen Lage der Mieterinnen und Mieter.
Kann Wien überhaupt selbsttätig - abseits vom Bund - gegensteuern?
Mittelfristig kann Wien beim Wohnbau jedenfalls selbst gegensteuern, um mittel- und langfristig das Grundbedürfnis Wohnen zu garantieren, etwa durch Forcierung des sozialen Wohnbaus, und zwar ohne Einkommensmindestgrenzen als Voraussetzung. Nicht umsonst ist ja der soziale Wohnbau aus den 1930er-Jahren immer noch ein wesentlicher Bestandteil von Wien.
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