Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt vor einem russischen Terrorangriff auf das Kernkraftwerk Saporischschja in der Südukraine. Der Geheimdienst habe Informationen, wonach Russland das Szenario eines Anschlags auf das AKW samt Freisetzung radioaktiver Strahlung erwäge. „Sie haben alles dafür vorbereitet“, erklärte Selenskyj am Donnerstag.
Der Präsident wies eindringlich darauf hin, dass Strahlung keine Staatsgrenzen kenne: „Nur die Windrichtung bestimmt, wen sie trifft“, sagte Selenskyj in dem Video, das Donnerstagmittag auf seinen Social-Media-Kanälen verbreitet wurde (siehe unten).
Kreml: „Eine weitere Lüge“
Die russische Führung wies die Anschuldigungen zurück. „Das ist eine weitere Lüge. Wir hatten lediglich Kontakt mit der IAEA“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow vor Journalisten. Der Chef der IAEA (Internationale Atomenergiebehörde), Rafael Grossi, hatte das größte Atomkraftwerk Europas in der vergangenen Woche besucht.
Nach Angaben aus Moskau reist Grossi aus Sorge um das AKW am Freitag zu Gesprächen nach Russland. In der Ostseeregion Kaliningrad sei ein Treffen Grossis mit dem Chef der Moskauer Atombehörde Rosatom, Alexej Lichatschow, geplant, teilte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am Donnerstag der mit. Eine Bestätigung der IAEA zum Treffen gab es zunächst nicht.
Beim Kraftwerk wurden Minen verlegt
Grossi hatte bei seinem Besuch des Kraftwerks in dem umkämpften Gebiet Saporischschja die Sicherheitslage dort als ernst, aber stabil bezeichnet. Die IAEA reagierte auch auf Berichte, wonach beim Kühlteich Minen verlegt worden seien. Während des Besuchs seien dort keine entdeckt worden. Innerhalb der Anlage seien an anderen Stellen aber Minen platziert worden, laut dem russischen Sicherheitspersonal für „Verteidigungszwecke“.
Die Reaktoren des von russischen Truppen besetztes Kraftwerk sind zwar seit Monaten abgeschaltet, der Brennstoff in den Reaktorkernen und in den Lagerbecken muss jedoch weiterhin ständig mit frischem Wasser gekühlt werden. Nur so kann eine Kernschmelze und die Freisetzung von Radioaktivität verhindert werden. Das größte europäische Kernkraftwerk hatte sein Kühlwasser aus dem Kachowka-Stausee erhalten, der seit der Sprengung des Damms vor zwei Wochen Wasser verliert.
Russland lehnt Übergabe
Noch gibt es Wasservorräte in dem Kühlteich, die laut IAEA für mehrere Monate ausreichen. Experten der IAEA und anderer Organisationen sorgen sich jedoch angesichts des Kriegsgeschehens um die Sicherheit und Nachhaltigkeit dieser Zwischenlösung. Russland lehnt die ukrainischen Forderungen nach einer Übergabe des Kraftwerks ab.
Die Angst vor einer nuklearen Katastrophe an dem AKW Saporischschja flammt seit Beginn des Krieges in der Ukraine immer wieder auf. Grossi hat das Kernkraftwerk seit der Besetzung durch russische Kräfte im März des vergangenen Jahres mehrmals besucht. Die Sicherheit des Kraftwerks wurde immer wieder durch Angriffe und Kämpfe in der Umgebung bedroht, für die sich Moskau und Kiew gegenseitig die Schuld geben.
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