„Krone“-Reporter Robert Fröwein flaniert durch die Stadt und spricht mit den Menschen in Wien über ihre Erlebnisse, ihre Gedanken, ihre Sorgen, ihre Ängste. Alltägliche Geschichten direkt aus dem Herzen Wiens.
Eine gemütliche Zugfahrt mit der Westbahn vom Wiener Westbahnhof in die Stahlstadt Linz. Vor einer Woche stand die erste Ausgabe des Lido Sounds am Urfahranermarkt an. Acts wie die Toten Hosen, Wanda, Florence + The Machine oder Apache207 sorgten für Stimmung, ein Pflichttermin für den Musikbeauftragen der „Kronen Zeitung“. Freitagmorgen ist der Zug bereits mit Konzertgästen jedweden Alters vollgestopft. Es ist noch früh, also wird am Kaffee genippt und ins Croissant gebissen. Die Menschen unterhalten sich angeregt über das Line-Up, freuen sich vorsichtig auf die Ungewissheit, die eine solche Premiere mit sich bringt und gelangen in ihren Gesprächen relativ schnell an den wichtigsten Punkt: Was wird denn wohl das Bier kosten?
Die galoppierende Turboinflation, die in Österreich bekanntermaßen höher ausfällt als im Rest von Europa, macht erst recht nicht vor Alltagsprodukten Halt. Bei Sommer, Sonne und Partyspaß ist das Elektrolytgetränk von besonderer Wichtigkeit, insofern werden die Diskussionen darob leidenschaftlich und mit der gebogenen Ernsthaftigkeit geführt. „Ich rechne mit 5 Euro ohne Bechereinsatz“, wirft eine junge Medizinstudentin namens Carla in ihre Freundinnenrunde. Die beiden anderen Mädels sind wesentlich skeptischer. „8,50 Euro, sage ich. Die müssen sich zunehmend an den internationalen Preisen orientieren und im Vergleich mit anderen Ländern waren wir bislang viel zu günstig.“
Die Wahrheit lag am Lido Sounds ziemlich genau in der Mitte. 6,50 Euro für 0,5 Liter Bier ohne Bechereinsatz. Ein Preis, der sich einerseits mit jenem vom burgenländischen Nova Rock deckt, andererseits auch mit den Konzerten im Wiener Happel-Stadion 2022. Damals berichtete auch die „Krone“ von den galoppierenden Getränkepreisen - doch da war der Wind der Inflation erst noch ein leichter Hauch. Die Menschen trifft es immer dort am stärksten, wo das Produkt im Alltag unausweichlich ist. Die Milch zum Frühstück, das Benzin für die Familienfahrt zum Tierpark und eben das Hopfensafterl zum Abfeiern der Lieblingsband. Da ist auch die Kalkulation im Vorfeld wichtig. „Wenn das Bier dort wirklich mehr als 5 Euro kostet, dann gehen sich aber nicht mehr als vier für mich aus“, macht Carla im Zug eine schnelle Umschlagrechnung, bevor wir an die Stadtgrenze kommen und sich die Themenpalette Richtung Prüfungszeit im Studium verlagert.
Doch mit den Teuerungen zieht auch eine gewisse Form der Gewohnheit ein. Die Kritik an den Bierpreisen war an den Konzerttagen enden wollend und selbst die ähnlich hohen Preise in der Wiener Stadthalle nehmen Gäste mittlerweile weitreichend ohne großes Murren hin. Auch der internationale Vergleich macht sicher: ganz so schlimm ist es bei uns gar nicht bestellt. So kostet ein Bier im Amsterdamer Ziggo Dome aktuell 7,50 Euro und eines in der Pariser La Défense Arena gar 9 Euro - und das bei einem Inhalt von 0,4 Litern. Dass es mit den Preisen wahrscheinlich nicht mehr nach unten geht, war auch zwei Wienern in der Linzer Warteschlange klar. Sie hatten ihre Prioritäten eindeutig gesetzt. „Dann gibt’s halt heute eine Currywurst weniger.“
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