Die Kraftentwicklung ist mit der eines Elektromotors vergleichbar: Knapp über Leerlaufdrehzahl liegen die vollen 680 Nm an und bleiben dir bis 5.750/min. treu. Von 6.000 bis 7.000/min. "übernimmt" dann die Maximalleistung von 560 PS. Nach 4,3 Sekunden ist Tempo 100, nach 13,0 Sekunden Tempo 200 erreicht, auf Wunsch (und gegen Aufpreis und ein Fahrertraining) geht es weiter bis 305 km/h.
Der Sound hat dabei nichts von einem Elektromotor: Hier braust eine Sinfonie mit Donnerhall los, da spotzt und brabbelt es, wie wenn sich das Böse durch die exakt bemessenen Ritzen dieser Luxuslimousine pressen würde. Sonor in tiefen Frequenzen, greller mit steigender Drehzahl, dabei teils ernsthaft rennwagenmäßig. Bretthart fliegt der M5 über die Piste, das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe kickt automatisch oder per Lenkradpaddles die Gänge mit einem lustvollen Stoß rein (dem SMG-Getriebe weint keiner eine Träne nach), das vorausschauende Hinterachs-Sperrdifferenzial (reagiert früher als im M3: schon bevor ein Rad durchdreht) verteilt die Antriebskräfte in engen Kurven. Alles Performance-Relevante lässt sich einzeln einstellen, in Form von zwei Presets abspeichern und per M-Knopf am Lenkrad abrufen: Fahrstabilitätsprogramm, Motoransprechverhalten, Lenkung, Doppelkupplungsgetriebe, Stoßdämpfer. Das geht leichter als das Speichern eines Radiosenders.
Hart, direkt und ohne Gummi
Das Handling ist vom Feinsten, schließlich wurde das Fahrwerk ziemlich komplett neu entwickelt. Optimierter Sturzverlauf und bessere Seitenkraftaufnahme sind das Ergebnis der nun mit Doppelquerlenkern anstelle eines Federbeins aufwartenden Vorderachse. Die Integral-Hinterachse verfügt über einen direkt verschraubten Achsträger, hier verzichteten die Techniker auf vier Gummilager. Zudem garantiert ein Strebenverbund zusätzliche Festigkeit; dadurch ergibt sich eine verbesserte Seitenkraftaufnahme sowie ein präziseres Bremsverhalten.
Im Head-up-Display siehst du die Geschwindigkeit, den gewählten Gang, ein farbiges Drehzahlband und ein eventuelles Tempolimit eingeblendet, sodass du den Blick nicht von der Straße wenden musst. Auf den Straßen nördlich von München (bzw. Garching, wo die M GmbH sitzt und ich den knallblauen M5 abgeholt habe) ist jeder Moment der Aufmerksamkeit wichtig, schließlich hat es minus 2 Grad und es kann glatt sein.
Die Brembo-Compound-Bremsanlage mit Sechs-Kolben-Festsätteln der Größe 400 x 36 mm an der Vorderachse greift beinhart zu. Kollegen, die ambitioniert auf der Rennstrecke unterwegs waren, berichten allerdings, dass sie schon nach zwei schnellen Runden der mit 1.945 kg (EU) respektablen Fahrzeugmasse Tribut zollen muss, die sich auch sonst bemerkbar macht. Gegen die Physik respektive die Massenträgheit lässt sich ausgefeilte Technik eben doch nur bedingt als Kraut einsetzen. Aber der M5 ist ja auch kein Tourenwagen, und Komfort wiegt was.
Rennwagen oder gediegene Business-Limousine?
Bei aller Brachialität: Der BMW M5 ist einer, mit dem man auch ganz entspannt cruisen kann, einfach ein gut motorisierter 5er BMW mit allem, was dazugehört. Dann tut er, als könnte er kein Wässerchen trüben, der Motor schmeichelt dem Gehör mit leisem Wohlklang, das Fahrwerk umfängt die Wirbelsäule mit Komfort, das M-Doppelkupplungsgetriebe gibt die ruckfreie Automatik, obwohl es gar keine sein will. Doch das merkt man dann nur noch daran, dass der Wählhebel keine Park-Stellung hat und das Bremspedal so schmal ist wie bei einem Handschalter. Aber vielleicht hat man da auch nur ein paar Gramm Gewicht gespart.
Genau das ist eine Besonderheit am M5: Er geht nicht nur als Wolf im Schafspelz durch, er spielt beide Rollen in Vollendung. BMW sieht ihn als Feingeist mit Superkräften, daher soll er sich nicht als pubertierender Prolo positionieren. Lediglich die blau lackierten Bremssättel, nun ja, passen nicht ganz zum Feingeist. Riesige Lufteinlässe vorn und eine vierflutige Abgasanlage hinten gehen da schon als dezent durch.
An der Tankstelle zeigt sich dann, ob der Fahrer mehr mit der Wolfs- oder mit der Schafsseite unterwegs war. Der Normverbrauch (und genau dafür hat sich BMW für den Achtzylinder entschieden) liegt bei angesichts der Leistung sensationellen 9,9 l/100 km, das sind 30 Prozent weniger als beim Vorgänger, der nur 507 PS aus seinen zehn Zylindern holte. Ruhig auf der Landstraße zeigt der Bordcomputer über elf Liter an, bei forciertem Ritt über zwanzig. Der Spritdurchfluss lässt sich auch hier mit dem Gaspedal stufenlos regulieren. Und wenn dann ein Lämpchen leuchtet, ist es entweder die Tankuhr – oder das DSC.
Stephan Schätzl
Warum?
Warum nicht?
Oder vielleicht …
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