"Krone"-Interview

Facebook-Auftritt: “Falsche Freunde braucht man keine”

Österreich
03.12.2011 15:16
Falsche Facebook-Freunde haben dem Kanzler Spott und Häme eingebracht. Ein virtueller Doppelgänger namens "Failmann" (siehe Infobox) streut zusätzlich Salz in die Wunde. Im "Krone"-Interview mit Conny Bischofberger distanziert sich Bundeskanzler Werner Faymann von den Fake-Accounts und gesteht Fehler ein.

Ein majestätischer Berg, umhüllt von Nebelfetzen, dazwischen blitzt weißer Schnee und blauer Himmel hervor. Dieses Bild des Künstlers Herbert Brandl dominiert das Büro des Bundeskanzlers. "Ich liebe Schnee", sagt er, "und freu mich schon auf Silvester." Faymanns feiern den Jahreswechsel auf einem Berg in Vorarlberg. "Um Mitternacht schauen wir dann von einer Schneebar runter ins Tal vis-a-vis, aufs große Feuerwerk."

"Krone": Herr Bundeskanzler, das Unangenehme zuerst?
Werner Faymann: Wie Sie möchten. 

"Krone": Sie haben sich mit Ihrem Social-Media-Auftritt - auch in ausländischen Medien - zum Gespött gemacht.
Faymann lächelt freundlich.

"Krone": Was ist denn durch Ihren Kopf gegangen, als diese Armee von falschen Facebook-Freunden aufgetaucht ist und ein Double namens "Failmann" Ihnen plötzlich die Show gestohlen hat?
Faymann: Also, Kabarett nehme ich als das, was es ist. Da braucht man kein Spaßverderber sein. Anders ist es mit falschen Freunden. Falsche Freunde sind im Leben grundsätzlich schlecht - in der Politik genauso wie im Privatleben. Daher auch bei Social Media. Also falsche Freunde braucht man keine.

"Krone": Ihre Social-Media-Beauftragte Angelika Feigl hat eine Prüfung dieser Fake-Accounts angekündigt. Wie lange wird das dauern?
Faymann: Das ist schon geschehen. Tatsache ist, dass jetzt alle auffälligen Accounts blockiert werden.

"Krone": Wenn sich herausstellt, was im Raum steht, nämlich dass die gefälschten Facebook-Freunde aus der SPÖ-Zentrale gekommen sind, welche Konsequenzen hätte das?
Faymann: Ich würde sagen, dass ich das nicht will! Und dass es ein schwerer Fehler war. Aber ich gehe nicht davon aus. Ich gehe davon aus, dass vielleicht der eine oder andere dabei war, der es gut gemeint hat. Sollte sich herausstellen, dass das aus einer anderen Partei kommt oder dass es als Provokation gedacht war, dann grenze ich mich genauso davon ab, wie wenn es jemand gut gemeint hätte.

"Krone": Sie glauben, die ÖVP hat den SPÖ-Server geknackt?
Faymann: Nein, es gibt einfach viele Mails, bei denen das einfach nicht nachvollziehbar ist. Dass bei Hunderten falschen Freunden der Prozent der Gutmeinenden auf keinen Fall in der Mehrheit ist, das ist klar. So viele Gutmeinende kann es gar nicht geben (lacht).

"Krone": Aber Sie schließen nicht aus, dass es auch Böswillige in Ihrer eigenen Partei gibt?
Faymann: Ich weiß es nicht. Deshalb kann ich nur sagen: Ich grenze mich von allen ab. 

"Krone": Der "Kurier" hat behauptet, dass sogar 393 Leserbriefe per E-Mail gefälscht waren.
Faymann: Gut, aber man müsste auch dazu sagen, von wem. Ich wünsche mir, dass Menschen, die für eine politische Sache Leserbriefe schreiben, es auch ernst meinen. Unterstützung ist dann wertlos, wenn sie nicht echt ist, und irrsinnig wertvoll, wenn sie echt ist. Also bedanke ich mich aufrichtig fürs eine und ziehe eine klare Grenze zum anderen.

"Krone": War Facebook ein Fehler?
Faymann: Wir haben die Erwartungshaltung vielleicht zu hoch geschraubt. Darauf hat die Community auch relativ eindeutig reagiert. Vielleicht hätte man es einmal machen sollen und sich dann über den Erfolg freuen. Es ist klar, dass der Bundeskanzler mit seinem Social-Media-Auftritt nicht im Vergleich stehen kann mit jungen Leuten, die Facebook ganz anders nutzen, in einer ganz anderen Privatsphäre, in einer ganz anderen Art auch von Direktheit und Humor. Da ist man als Regierungschef, der mehr das Amtliche, das Staatliche bedient, von vornherein in der Langweilergruppe.

"Krone": Ihr Auftritt kostet stolze 100.000 Euro, vielleicht werden es auch 200.000. Verstehen Sie, dass es da scharfe Kritik gegeben hat?
Faymann: Ja, aber das kostet es, wenn es eine breite Aufstellung im Internet geben soll - allein schon die technischen Voraussetzungen sind sehr kostspielig. Da hat es eine Ausschreibung nach strengen Kriterien gegeben.

"Krone": Neun Leute betreuen Ihren Facebook-Account. Ist das nicht total übertrieben?
Faymann: Das ist ja nicht richtig. Acht davon sind Mitarbeiter des Bundespressedienstes, die neben ihrer sonstigen Tätigkeit im Pressedienst auch für den gesamten Social-Media-Auftritt, also nicht ausschließlich, aber eben auch für Facebook zum Einsatz kommen. Das fasst die Opposition dann so zusammen: 200.000 Euro für Facebook, neun Leute.

"Krone": Lesen Sie, was Ihr Double "Failmann" auf Twitter und Facebook verzapft?
Faymann: Nicht ausreichend. Es verlangt von mir ja auch niemand, dass ich mir alle Kabarettprogramme selber anschaue. Ich muss auch meine Karikaturen nicht lieben. Aber es wird von mir verlangt, dass ich das so nehme, wie es ist.

"Krone": Ist das eine gute Satire?
Faymann: Um das zu beurteilen, kenne ich sie zu wenig.

"Krone": Kennen Sie die wahre Identität von diesen drei Leuten?
Faymann: Nein, überhaupt nicht.

"Krone": Einer soll ja SPÖ-Politiker sein.
Faymann: Kann sein. Keine Ahnung.

"Krone": Interessiert Sie es gar nicht?
Faymann: Wenn ich es wüsste, würde ich vielleicht mit ihm einen Kaffee trinken und sagen: "Soll das witzig gemeint sein? Soll das unfreundlich gemeint sein? Soll das beides sein? Soll es vielleicht positiv gemeint sein?" Wenn es zu einem Gespräch käme, würde es mich schon interessieren.

"Krone": "Kanzler der Herzen" ist der Verarschungs-Song Ihres digitalen Doubles: Haben Sie sich den auf YouTube angehört?
Faymann: Nein, nur gehört, dass es ihn gibt. Wenn ich dazukomme, höre ich ihn mir an und sage Ihnen dann, was ich davon halte.

"Krone": Ihren Facebook-Account wird es also weiterhin geben?
Faymann: Natürlich. Wenn man es einfach seriös und ruhig macht, wenn die Menschen sehen, da ist ein Bemühen da, dann wird man eine gewisse Akzeptanz finden. Eine Chance ist es allemal. Wir wollten ja nicht den Obama-Wahlkampf nachahmen. Deshalb bereue ich nicht, dass ich es gemacht habe - ich würde es das nächste Mal aber still beginnen.

"Krone": Herr Faymann, wie ist denn Ihr Verhältnis zum Vizekanzler im Moment?
Faymann: Persönlich gut. Wir haben aber gemeinsam eine harte Aufgabe. Mit Josef Pröll habe ich in der schwersten Krise seit 1945 ein Paket zur Budgetkonsolidierung zustande gebracht. Ich wünsche mir, dass das in dieser Koalition mit Michael Spindelegger auch funktioniert.

"Krone": Beim Ministerrat am Dienstag hatte man nicht das Gefühl, dass Sie sich "persönlich gut" verstehen.
Faymann: Nein, da haben wir eine kleine Auseinandersetzung gehabt: Er hat zu einer vermögensbezogenen Steuer "Peanuts" gesagt. Da habe ich mich geärgert, weil ich finde, dass man zu Steuermtteln nicht "Peanuts" sagt.

"Krone": Die ÖVP kommt ja über ihre 20 Prozent nicht hinaus. Haben Sie nicht Angst, dass Ihnen irgendwann der Partner abhanden kommt, oder dass Blau-Schwarz wiederkommt?
Faymann: Angst nicht. Aber Sorge schon. Ich glaube, wir müssen zeigen, dass wir das Land stark führen in dieser schwierigen Zeit. Dann geht die Bevölkerung von ihrem Protestverhalten auch wieder zurück. Gerade Griechenland ist ein Beispiel dafür, daher appelliere ich an alle: Machen wir's richtig im eigenen Land, damit erst gar nicht die Gefahr besteht, dass wir in solch eine Lage kommen. 

"Krone": Sie wirken, ega Optimismus?
Faymann: Vom Berg (zeigt hinüber zum Brandl-Gemälde). Wenn ich einmal traurig bin, weil etwas schiefgegangen ist, brauche ich die Natur. Oben am Berg komme ich dann zur Ruhe und kann abschalten. Am liebsten, wenn es kalt ist und Schnee liegt. Der Winter ist meine Lieblingsjahreszeit.

Den 1. Teil des großen Interviews mit Werner Faymann findest du unter dem Titel "Zerbrechen des Euro ist eine ganz reale Gefahr" in der Infobox.

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