Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) geht der Ausstieg aus Putins Gas zu langsam voran. Angesichts der anhaltenden Unsicherheit an den Märkten fordert sie von den Energieunternehmen weitere Anstrengungen. An einer europäischen Lösung bestehe großes Interesse.
Hinsichtlich der Gasversorgung für den kommenden Winter sieht Gewessler die Republik gerüstet. Die Speicher seien zu 80 Prozent befüllt. Im Rahmen des Austauschs am Montagvormittag ging es laut Gewessler um weitere Pläne zur Diversifizierung der Gasversorgung. Zwar orte sie bei den Energieunternehmen grundsätzlich eine positive Entwicklung. Dennoch sei man bei den Maßnahmen zum Ausstieg „noch nicht weit genug und nicht schnell genug“.
Auf der positiven Seite verbuchte Gewessler, dass einige Unternehmen ein großes Interesse an der europäischen Gas-Einkaufsplattform kommuniziert hätten. Über die Plattform seien bereits 13 Terawattstunden Gas zum Bezug angemeldet worden. Das entspreche mehr als 10 Prozent der jährlichen Versorgung.
Gaspreise deutlich gefallen
Nach den Turbulenzen des vergangenen Jahres mit kräftigen Preissprüngen haben sich die Gaskosten im Großhandel zuletzt deutlich erholt. Aus Sicht des ehemaligen E-Control-Chefs Walter Boltz darf sich Österreich jedoch nicht in falscher Sicherheit wiegen, könne ein plötzlicher Lieferstopp doch rasch zu einer Mangellage mit Preissteigerungen führen. „Wir dürfen uns nicht einlullen lassen.“
Die Stromversorgung sieht der Energieexperte gesichert. Weitere Investitionen ins Stromnetz seien dennoch notwendig, um für eine etwaige Verknappung oder einen Ausfall von Lieferungen aus Deutschland - Österreich bezieht große Mengen aus dem Nachbarland - vorbereitet zu sein.
Gewessler hob diesbezüglich Initiativen wie den Netzinfrastrukturplan hervor. Dieser sieht unter anderem den Ausbau von Anlagen zur erneuerbaren Stromerzeugung sowie zur Speicherung von erneuerbarem Strom und Gas vor.
Vor dem Treffen hatte Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf die WKÖ-Forderungen zum Ausbau der Gasinfrastruktur erneuert. Die Hauptforderungen der Wirtschaftskammer beinhalten die Umsetzung konkreter Infrastrukturmaßnahmen zur Nutzung von Gas aus europäischen Staaten, die verstärkte Nutzung von inländischen Gaspotenzialen und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, ähnlich wie das in Deutschland implementierte LNG-Beschleunigungsgesetz.
Industrielle fordern weitere Absicherungen
Die Industriellenvereinigung (IV) appellierte in einer Reaktion an die Regierung, weitere Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung zu treffen. Zum Beispiel müsse man verhindern, dass es durch das Auslaufen des Gas-Durchleitungsvertrages zwischen der Ukraine und Russland Ende 2024 zu einer Verknappung des Gasangebots komme.
Aus Sicht des Fachverbands Gas Wärme (FGW) ist ein Ausbau der Gasinfrastruktur gefragt, vor allem aus Richtung Deutschland und Slowenien. Kritik an Gewessler kam vom Energieanalysten Johannes Benigni: Bei einem Ausfall von russischen Gasliefererungen fehle es an konkreten Plänen und an der Finanzierung.
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