„Das Landesamt für Verfassungsschutz hat trotz mehrfacher Widerlegungen Unwahrheiten aufrechterhalten“, diesen Vorwurf macht der Anwalt eines ehemaligen Predigers, der wegen terroristischer Vereinigung in Graz verurteilt wurde, den Ermittlungsbehörden. Es hätte kein belastendes Material gegeben, nur „Fantasiegeschichten“. Neben der Wiederaufnahme plant Verteidiger Christian Fauland auch eine Anzeige gegen das LVT.
Dreimal wurde in der Terror-Causa „Taqwa“ in Graz verhandelt. Zweimal hat der oberste Gerichtshof die Urteile aufgehoben. Im Mittelpunkt stand - neben zwölf anderen Angeklagten - ein bosnischer Prediger, der junge Männer veranlasst haben soll, sich in Syrien dem IS anzuschließen.
Jahrelang soll der 48-Jährige in einer salafistischen Moschee agiert haben und neben dem mehrfach verurteilten Dschihadisten Mirsad O. als einer der radikalsten Köpfe gelten. So weit die Angaben des Verfassungsschutzes und der Staatsanwaltschaft Graz nach den Razzien 2017.
Zwei Jahre nicht mit Familie telefoniert
Im letzten Prozess 2022 wurde der fünffache Familienvater zu sieben Jahren und drei Monaten Haft verurteilt - fünf Jahre saß er in U-Haft und hat beispielsweise mit seiner Familie wegen der Sicherheitsvorkehrungen erst nach zwei Jahren das erste Mal telefoniert.
Im März 2023 hat das Oberlandesgericht Graz nach der Berufung seines Anwalts Christian Fauland die Strafe jetzt fast halbiert. Der Senat entschied unter anderem, „dass die Gefährlichkeit nicht als so hoch zu bemessen sei.“
Das LVT ist machtmissbräuchlich vorgegangen, hat ohne exakte Recherche Behauptungen aufgestellt und hat trotz mehrfacher Widerlegungen Unwahrheiten aufrecht erhalten.
Anwalt Christian Fauland
„Wie passt das damit zusammen, dass mein Mandant so ein Super-Terrorist sein soll?“, so Fauland. Er wirft dem ermittelnden Landesamt für Verfassungsschutz (LVT) Machtmissbrauch und schlechte Recherche vor. „Und diese Ergebnisse wurden von allen Entscheidungsträgern ungeprüft übernommen und bedauerlicherweise mitgetragen.“
„Glaubt an Rechtsstaat“
„Niemand hat meinen Mandanten aber je belastet, im Gegenteil. Er hat zum Tatzeitpunkt nicht einmal mehr gepredigt, sondern sich zurückgezogen, weil ihm alles zu radikal wurde. Im Verein „Taqwa“ in Graz war er gar nie. Aber weil er an den Rechtsstaat glaubt, werden wir jetzt einen Antrag auf Wiederaufnahme stellen.“
Anzeige gegen das LVT Steiermark
Auch eine Anzeige gegen das LVT ist von Fauland in Planung. Es wäre nicht das erste Mal, dass das steirische LVT unter der Leitung von Rupert Meixner ins Visier gerät. In der „Schweinskopf-Affäre“ um eine Moscheenschändung durch Rechtsradikale in Graz soll der LVT-Chef trotz nächtlichem Alarm nicht eingegriffen haben.
Peter Pilz, dem interne Berichte der Causa zugespielt wurden, meinte, dass das LVT auf dem rechten Auge nicht so gut sehe.
Gefährderanzahl ausgeplaudert
Oder als Meixner in einer Nachricht an die private E-Mail-Adresse von Ex-LH Schützenhöfer Interna wie die Anzahl der Gefährder in der Steiermark ausplauderte und seine Machtlosigkeit im Kampf gegen den Terror betonte. Und er forderte eine Neuausschreibung des Personals wegen vermeintlich ungeeigneter Personen in seinem Amt. Alles schwarz auf weiß - von wegen streng geheim ...
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