Anlässlich des am Dienstag präsentierten Berichts des Anti-Folter-Komitees (CPT) des Europarates, das auch österreichische Haftanstalten untersucht hatte, hat Amnesty International Österreich die mitunter „menschenunwürdigen Bedingungen“ und „maroden Zustände“ im Maßnahmenvollzug kritisiert. Die NGO forderte grundlegende Reformen und sofortige Maßnahmen. Die Regierung könne „nicht länger die Augen verschließen“, sagte Stephan Handl von Amnesty International Österreich.
Die Delegation des CPT hat Ende 2021 Teile der österreichischen Haftanstalten untersucht. In seinem Abschlussbericht stellt das CPT Österreich zwar kein hervorragendes, aber auch kein vernichtendes Zeugnis aus. So erhob etwa eine überwiegende Mehrheit der von der Delegation befragten Personen „keine Vorwürfe wegen Misshandlungen durch Polizeibeamte und -beamtinnen“. Allerdings gab es einige Beschwerden über das übermäßig enge Anlegen von Handschellen sowie über Beschimpfungen durch die Polizei. Auch einzelne psychiatrisch-forensische Einrichtungen wurden positiv bewertet.
Amnesty betont hingegen, dass die Delegation nicht alle Anstalten besucht hätte. Einrichtungen wie das Schubhaftzentrum im steirischen Vordernberg oder das Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände in Wien, wo sehr wohl Misshandlungsvorwürfe vorliegen, seien nicht in den Bericht eingeflossen. Generell ortet die NGO die drängendsten Probleme auch bei den Abschiebezentren.
Grüne fordern Abriss des umstrittenen Polizeianhaltezentrums
Auch das CPT erkennt seit dem ersten Besuch 2014 im größten Abschiebezentrum in Österreich, dem Polizeianhaltezentrum (PAZ) Wien-Hernalser Gürtel „erhebliche“ Verschlechterungen. Ganz allgemein wäre das Umfeld in dem PAZ durch die schweren Eisentüren, vergitterten Fenster und Gittertore zur Abtrennung der Einheiten „äußerst gefängnisartig und bedrückend“ gewesen. Für „längere Zeiträume in Schubhaft“ seien die Bedingungen nicht geeignet. Georg Bürstmayr, Sprecher für Inneres und Sicherheit der Grünen, meint zu den Erkenntnissen, dass das Haus als „Relikt aus dem 19. Jahrhundert [...] endlich abgerissen“ gehöre.
Kritik an medizinischer Versorgung in Einrichtung
Kritisiert werden vom CPT auch Lücken in der medizinischen Versorgung - vor allem in der Psychiatrie. Dies sieht auch Amnesty so: Anfang 2022 standen etwa in der Justizanstalt Stein nur zwei Psychiater für insgesamt 18 Stunden pro Woche zur Verfügung, um die rund 800 Insassen, darunter mehr als 100 im Maßnahmenvollzug, zu betreuen. „Seitdem wurde in Stein nur ein zusätzlicher Psychiater für zehn Stunden pro Woche angestellt“, so die NGO.
Amnesty beklagt außerdem im Einklang mit dem Komitee das mangelhafte Freizeitangebot für die überwiegende Mehrheit der Untersuchungshäftlinge in den besuchten Justizanstalten. „Die einzigen Aktivitäten außerhalb der Zelle, die den Insassen angeboten wurden, sind eine Stunde Bewegung im Freien und ein oder zwei 60-bis 90-minütige Sportstunden pro Woche. Folglich sind die betroffenen Insassen oft bis zu 23 Stunden pro Tag in ihren Zellen eingeschlossen“, kritisiert die NGO.
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