„Wir haben viel mit Essstörungen und einer enorm hohen Zahl an Suizidversuchen zu tun. An der Uniklinik in Wien sind es drei bis vier pro Woche.“ Diese dramatische Entwicklung schildert Paul Plener, Leiter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Vorsitzender der Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, im Gespräch mit der „Krone“.
Die psychische Gesundheit vieler Kinder ist angeschlagen, die Politik muss handeln. „Es fehlen finanzielle wie personelle Ressourcen, und es braucht viel mehr Präventionsarbeit: Wir benötigen Prävention im Schulbereich, Prävention gegen Mobbing und Suizidprävention. Wichtig sind dabei niederschwellige Angebote wie Programme an den Schulen“, fordert Plener.
Die Politik muss mehr Geld in die Hand nehmen
Studien würden zeigen, dass mit einem Suizidpräventionsprogramm an Schulen binnen eines Jahres die Suizidversuche um die Hälfte reduziert werden können. Aber dazu brauche es mehr Geld, und es müsse die Schnittstelle Gesundheitssystem und Schulsystem besser vernetzt werden. Plener bestätigt den Befund des Bildungsexperten Andreas Salcher in der „Krone“ vom vergangenen Samstag, wonach deutlich mehr Schulpsychologen benötigt werden. „Wir brauchen dringend mehr Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter. Wir haben viel zu wenige. Diese können ein wichtiges Bindeglied zu Psychotherapie und Psychiatrie sein“, erklärt Plener. Und er warnt davor, dass es in der Kinder- und Jugendpsychiatrie „ein Geld- und Personalproblem gibt“.
Die Kinderpsychiatrie am AKH Wien verfügt über 30 stationäre Plätze, acht tagesklinische Plätze und zwei Home-Treatment-Teams, die jeweils fünf Familien betreuen. Die Belastung ist laut Plener anhaltend hoch. Allerdings ist Corona nicht mehr das bestimmende Thema. Kinder und Jugendliche sind psychisch von den multiplen Krisen unserer Zeit wie Klimawandel, Krieg und der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich belastet. „Das Gefühl, dass es mir besser gehen wird als meinen Eltern, ist den Jungen von heute verloren gegangen.“ In der psychischen Gesundheit sei es wie bei der körperlichen Gesundheit generell so, dass Armut ein größeres Risiko darstellt. „Aber es zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten.“
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