Aufregung in Tirol

Aus für Gipfelkreuze? „Angriff auf unsere Kultur“

Tirol
28.06.2023 15:16

Die in Italien aktuell tobende Debatte über das Aufstellen von Kreuzen auf Berggipfeln schwappte auch auf Tirol über. Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora erklärte, man habe eine ähnliche Meinung wie der italienische Alpenverein. Man solle keine neuen Gipfelkreuze mehr aufstellen. Das habe aber weniger religiöse Gründe. Heftige Kritik kommt dazu von der ÖVP, vom Landwirtschaftsminister abwärts.

„Der Alpenverein hat ja schon vor 100 Jahren beschlossen, keine neuen Wege und Hütten mehr zu bauen. Die Alpen sind erschlossen. In der Satzung wird die Erhaltung der Ursprünglichkeit und Schönheit der Bergwelt genannt“, argumentierte Ermacora gegenüber dem ORF Tirol. Deshalb habe der damalige Hauptausschuss schon in den 1980er- und 1990er-Jahren beschlossen, keine neuen Gipfelkreuze mehr aufzustellen.

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Der religiöse Hintergrund steht bei uns an zweiter oder dritter Stelle.

Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora

„Es gibt genug. Die Gipfelkreuze sind ein Kulturgut. Jeder hat eine andere Beziehung dazu. Der religiöse Hintergrund steht bei uns aber an zweiter oder dritter Stelle“, so der Alpenvereinspräsident weiter.

Anträge für Kreuze abgelehnt
Von den Alpenvereinssektionen seien keine Gipfelkreuze mehr aufgestellt worden. Er könne sich erinnern, dass es zwei Anträge für neue Kreuze auf Bergen, die dem Alpenverein gehören, gegeben habe. Man habe das aber abgelehnt. Zudem spielte Ermacora darauf an, dass das Aufstellen der Kreuze auch ein großer Aufwand sei. Außerdem stelle sich auch die Haftungsfrage, wenn bei den Arbeiten etwas passiere, so der Jurist.

Bestehende Kreuze sollen bleiben
„In den West- und Ostalpen haben wir rund 4000 Gipfelkreuze. Wir sind aber nicht dafür, dass auf jeder Erhebung ein Kreuz steht. Es gibt ja auch Steinmandln oder tibetische Gebetsfahnen, die auch zur Orientierung dienen können“, meinte der Alpenvereinspräsident. Die bestehenden Gipfelkreuze sollen natürlich bleiben, betonte Ermacora. Und wenn ein altes Kreuz morsch werde, werde man es austauschen. „Neue brauchen wir aber nicht mehr“, so der ÖAV-Präsident.

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Dies ist ein völlig unnötiger Angriff auf die Tiroler Kultur und zugleich auch tourismusschädigend.

Luft nach oben bei Bekanntheit: WK-Präsident Walser. (Bild: Birbaumer Christof)

Tirols WK-Boss Christoph Walser

ÖVP kritisiert ÖAV-Chef scharf
Heftige Reaktionen kamen dazu vonseiten der ÖVP - und sie fielen geballt und mitunter scharf aus. Am schärfsten formulierte der schwarze Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser: „Dies ist ein völlig unnötiger Angriff auf die Tiroler Kultur und zugleich auch tourismusschädigend.“ Die Gipfelkreuze seien für viele Gäste untrennbar mit Bergerlebnissen verbunden und gehörten daher zum Höhepunkt zahlreicher Wanderungen und damit zum Urlaub in Tirol. „Die Argumente Ermacoras gehen völlig ins Leere - weder das Argument der Erschließung, noch jenes der Sicherheit rechtfertigen diese Aussagen“, so Walser.

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Wie die Kirche in jedem Dorf ihren fixen Platz hat, sind Gipfelkreuze aus unserem alpinen Landschaftsbild nicht mehr wegzudenken.

Norbert Totschnig (Bild: APA/HANS PUNZ)

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig

Man sei „hier konträrer Meinung“, hieß es aus der Volkspartei. „Gipfelkreuze sind Teil unserer christlichen Tradition und unserer alpinen Kultur. Wie die Kirche in jedem Dorf ihren fixen Platz hat, sind Gipfelkreuze aus unserem alpinen Landschaftsbild nicht mehr wegzudenken“, ließ Minister Norbert Totschnig den Alpenvereinspräsidenten, der der ÖVP auch nicht ganz fern steht, wissen. Die Kreuze seien „ein Zeichen der Dankbarkeit, der Spiritualität und sportlich gesehen ein Zeichen, dass man sein Ziel erreicht hat.“ „Die Gipfelkreuze gehören zu unseren Bergen und dort sollen sie auch bleiben“, betonte der Landwirtschaftsminister.

„Teil unserer Tiroler Identität“
Auch der Tiroler ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf rückte in Sachen „pro Gipfelkreuze“ aus. „Gipfelkreuze sind Teil unserer Tiroler Identität. Sie sind nicht nur markante Orientierungspunkte und stehen symbolisch für den Gipfelsieg und eine bewältigte Herausforderung, sondern repräsentieren auch Tradition und Glaube.“

Tirols ÖVP-Klubchef Jakob Wolf (Bild: Birbaumer Christof)
Tirols ÖVP-Klubchef Jakob Wolf

Wolf sei deshalb „klar gegen ein Verbot für das Aufstellen von neuen Gipfelkreuzen, denn durch diese Symbolik wird unsere Identität und Verbundenheit mit den Bergen manifestiert“. „Ein derartiges Verbot würde für mich einem Bruch unserer alpinen Traditionen gleichkommen“, wurde der Klubobmann deutlich.

„Eine jahrhundertelange Tradition“
Und auch der Tiroler ÖVP-Seniorenbund meldete sich zu Wort. „Unser Land ist christlich geprägt und das Aufstellen von Gipfelkreuzen hat eine jahrhundertelange Tradition. Natürlich ist die Aufstellung eines Kreuzes mit großem Aufwand verbunden. Man sollte jedoch auch bedenken, welches Erlebnis es für jeden einzelnen Wanderer darstellt, ein solches zu erreichen und sich in das Gipfelbuch eintragen zu können“, unterstrich Landesobfrau und Ex-Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf.

Diskussion schwappte von Italien nach Tirol
In Italien hatte die Diskussion um die Kreuze ihren Ausgang genommen. Kruzifixe würden nicht alle Bergsteiger ansprechen, hatte Marco Albino Ferrari, Redaktionsleiter des italienischen Alpenvereins CAI, gemeint. „Niemand will die bereits aufgestellten Kreuz entfernen, es sollen aber keine weiteren aufgestellt werden. Berggipfel sollen ein neutrales Gebiet sein“, so Ferrari, der damit eine hitzige Diskussion auslöste. Der italienische Alpenverein ruderte schließlich zurück. Das Thema der Bergkreuze habe im Alpenverein nie zur Debatte gestanden, deshalb gebe es dazu auch keine offizielle Position. Ferrari habe lediglich seine Meinung geäußert.

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