Franz Kneissl III kennt keine Berührungsängste. Aufgewachsen in Kufstein, wo sein Großvater 1919 den ersten Serienski produzierte, sein Vater den legendären Kneissl „White Star“ entwickelte und damit Rennskier, mit denen Legenden, wie Karl Schranz, Leonhard Stock oder Franz Klammer zu Siegen fuhren. Mit der „Radkrone“ plauderte der Tiroler über die Familiengeschichte, seine beiden Powerboot-Weltmeister-Titel, wie es zur Produktion der Kneissl E-Bikes gekommen ist und warum auf den Fahrrädern ein Pokal statt des Kneissl-Sterns prangt.
Die Familiengeschichte der einstigen österreichischen Weltmarke Kneissl beginnt im Jahr 1861. „Damals hat mein Großvater Franz Kneissl I begonnen, Skier zu produzieren“, erinnert Franz Kneissl III. „In Österreich gab es damals das Know How dafür noch nicht und deshalb ging mein Großvater nach Norwegen, um dort die Herstellung von Skiern zu erlernen.“ Den ersten großen Produktionsauftrag erhielt die Firma Kneissl Inntal, wie das Unternehmen hieß, im Ersten Weltkrieg vom Militär. „Es galt Tourenskier für die Gebirgsjäger zur Verteidigung der Alpen zu bauen“, so Kneissl: „Mein Großvater verdiente damals gut und konnte das Geld in die Produktion von Skiern investieren.“
Franz Kneissl: „Im Jahr 1945, am Ende des Zweiten Weltkrieges, wurde dann mein Großvater hinterrücks beim Grenzübergang Kufstein-Kiefersfelden erschossen und mein Vater Franz Kneissl II wurde ebenfalls Skifabrikant.“ In der österreichischen Skigeschichte gilt Franz Kneissl II heute als einer der großen Pioniere. „Mein Vater erfand nicht nur den weltweit ersten Kunststoffski, sondern auch den ersten färbigen Ski und die Gliederkante. Er war ein großer Erfinder und guter Kaufmann“, sagt Kneissl: „Alle Skirennfahrer, von Klammer, Russi oder Stock sind damals Kneissl-Ski gefahren und holten damit Olympia-Gold und Weltmeistertitel.“
Trotz der Erfolge ging die Firma Kneissl 1980 in Konkurs. „Die Umstellung der Produktion kostete viel Geld und mein Vater musste damals seinen Bruder auszahlen. Plötzlich war zu wenig Eigenkapital vorhanden und auch alle anderen Skihersteller, wie Blizzard und Fischer hatten Probleme“, schildert Franz Kneissl seine Sicht: „Die Bundesregierung wollte damals die österreichische Skiindustrie neu aufbauen, doch das Konzept ging nicht auf. Kneissl, aber auch Fischer waren kaputt, doch die Regierung konnte oder wollte nur eine Marke retten. Die Wahl fiel auf Fischer, denn wir hatten damals in unserem Werk in Kufstein 400 Beschäftigte, die man in Tirol viel leichter bei Swarovski oder anderen Tiroler Unternehmen unterbringen konnte, als die Fischer-Mitarbeiter in Ried im Innkreis. Wir haben damals alles versucht, den Konkurs zu verhindern, aber die Politik wollte nicht.“
Erfolg mit Sportevents statt Skiern
Der damals junge Franz Kneissl III versuchte noch, mit Partnern in Deutschland und der Schweiz die Skimarke zu retten: „Ohne diese Aktion hätte es die Marke Kneissl und den Stern seit 1980 nicht mehr gegeben.“ Dennoch verkaufte Kneissl nach Zerwürfnissen mit seinen Partnern bereits ein Jahr später seine Anteile und ging nach Amerika. Dort ging der Kneissl Stern erneut auf: „Ich habe die Firma World Sports auf Rhode Island gegründet und war damit sehr erfolgreich in der Organisation von Sportevents, wie dem Americans Cup, dem Ralph Lauren Polo Derby und vielen mehr.“
Faszination Rennbootfahren
Franz Kneissl III war aber nicht nur ein sehr guter Skifahrer, sondern auch Rennbootfahrer. Sein Onkel Louis aus Brixlegg infizierte seinen Neffen mit dem Motorboot-Virus und im Alter von 16 Jahren absolvierte er die Bootsprüfung am Tiroler Achensee. Später lernte er in Italien Tullio Abbante kennen, seinen Lehrmeister, den mehrfachen Champion und Bootsbauer vom Lago di Como.
In Amerika startete Franz Kneissl III bei den großen Rennen, wo auch Stars wie Don Johnson, Chuck Norris oder Kurt Russell mit dabei waren. 1982 und 1983 wurde der Tiroler Weltmeister in der leistungsstarken Powerboot-Offshore-Klasse. „Bei uns kennt man diesen Sport so gut wie gar nicht, in Amerika aber auch rund um Dubai ist er heute noch populär“, so Kneissl. Denn Powerboot-Rennen sind nicht nur supergefährlich, sondern oder vielleicht gerade deshalb, so publikumswirksam.
Sportliche Erfolge auf dem Wasser
„Unser Boot war damals 13 Meter lang und wurde von Motoren mit 1200 PS angetrieben“, erklärt Kneissl: „Im vorderen Teil des Rumpfes war ein Tank mit 800 Litern Treibstoff und das Boot wurde von einer Crew von drei Personen gesteuert. Ich war der Pilot und saß am Steuer. Rechts neben mir saß ein Navigator und links neben mir der Throttleman, der nur den Gashebel bediente. Denn wenn man mit einer Geschwindigkeit von fast 200 km/h über das offene Meer donnert und mehr als 50 Meter weit und bis zu sieben Meter hoch über die Wellen springt, dann darf man das Steuer nicht loslassen. Der Throttleman musste das Gas sofort zurücknehmen, wenn das Boot in der Luft war, damit die Schrauben nicht durchdrehen konnten und sofort wieder Vollgas geben, wenn es wieder auf dem Wasser aufsetzt.“ Die Rennen dauerten zwei bis zweieinhalb Stunden. „Wir fuhren von Key West in Florida bis kurz vor Kuba und dann wieder zurück.“
Nach diesen Erfolgen meldete sich sogar das US-Militär beim Tiroler. Er bekam den Auftrag, den US-Marines das Motorbootfahren mit hohen Geschwindigkeiten auf offener See beizubringen, damit die Soldaten diese Fähigkeiten im Kampf gegen den Drogenschmuggel einsetzten konnten. 1984 eröffnete er so das erste Rennboot Training Center in den USA. Andy Warhol lichte ihn für sein Interview-Magazin ab und der US Verlag Simon & Schuster wählte ihn zu einen der erfolgreichsten Sportler.
Rückkehr zu den Wurzeln
Nach zwei Weltmeister-Titel und mehreren Jahren in Amerika reichte es Franz Kneissl und er kehrte 1990 wieder zurück nach Österreich: „Meine Mutter hat mich darum gebeten, weil es meinem Vater gesundheitlich immer schlechter ging.“ Zurück in Tirol beschäftigte sich Kneissl mit seiner Firma Franz Kneissl Design wieder mit Skiern.
Aktuell forscht er etwa an einer völlig neuen Art von Skischuh. Dabei werden zuerst die Füße des Skifahrers gescannt und danach ein perfekt passender Skischuh mittels 3D-Druck produziert. „Ich habe mich einfach gefragt, warum die Leute nicht mehr Skifahren wollen. Ein Grund sind dabei die Skischuhe, die für viele einfach zu schwer sind und oft schmerzen. Das Verfahren wurde bereits patentiert und es braucht nicht einmal einen Innenschuh. In ein bis zwei Jahren könnte das Produkt serienreif sein.“ Ein weiteres Projekt, an dem Kneissl tüftelt, ist der etouring-Ski, ein Tourenski mit elektrischer Unterstützung. „Die Entwicklung läuft. Mehr will ich aber noch nicht verraten!“
Neues Leben für Traditionsmarke
Doch das Wichtigste für Franz Kneissl ist es, die Marke Kneissl wieder aufleben zu lassen. „Die Kneissl E-Bikes sind ganz wichtig für mich, weil ich die Marke Kneissl wieder in die Sportgeschäfte zurückbringen möchte.“ Der Tiroler entwickelte das Konzept dafür und fand mit Werner Zanier den perfekten Partner, der von Osttirol aus zum größten Fahrradhändler Österreichs aufgestiegen ist.
Doch warum prangt auf den neuen Fahrrädern nicht der weltbekannte Kneissl-Stern? „Wir haben darüber diskutiert, aber wir haben uns schlussendlich für den Powerboat-WM-Pokal als Logo entschieden, das ich vor 40 Jahren designt habe, natürlich aber auch, weil wir keine Patent- oder Markenrechte verletzen wollten“, so Kneissl.
Denn die Skimarke Kneissl gibt es natürlich weiterhin; sie gehört heute dem saudisch-österreichischen Geschäftsmann Mohamed Bin Issa Al Jaber. Ski werden aktuell aber keine produziert.
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