Nehammer warnt

Bekämpfung illegaler Migration „wird viel kosten“

Politik
28.06.2023 18:16

Karl Nehammer hat seine ablehnende Haltung gegenüber einem höheren EU-Budget bekräftigt. Der ÖVP-Chef rechnet aber mit erhöhten Kosten zur Bekämpfung illegaler Migration. Kritik kommt vom Koalitionspartner - doch mit seiner ablehnenden Haltung ist der Bundeskanzler nicht allein.

Karl Nehammer (ÖVP) will nicht mehr Geld für die EU ausgeben, sieht aber zugleich einen massiven Finanzbedarf im Kampf gegen illegale Migration. „Es heißt auch, es würde viel Geld kosten“, sagte Nehammer am Mittwoch im EU-Hauptausschuss des Parlaments mit Blick auf Außengrenzschutz, Verfahrenszentren und Rückführungsabkommen.

Dies sei aber „mit Sicherheit eine besser investierte Summe als das Geld, das wir sonst ausgeben.“ In seinem Eingangsstatement lobte Nehammer die jüngste Vereinbarung der EU-Innenminister auf ein Asyl- und Migrationspaket.

Kritik für Nein zu Budgeterhöhung
Der Kanzler wünscht sich nun eine konkrete Umsetzung der neuen Regeln, etwa durch Vereinbarungen mit nordafrikanischen Staaten über Verfahrenszentren. „Das Geschäftsmodell der organisierten Kriminalität ist in der Sekunde erloschen, wenn das Asylverfahren in Drittstaaten das zentrale Verfahren wird“, betonte er.

Obwohl der Kanzler beim Thema Migration mit Mehrkosten rechnet, will er dennoch nicht für eine Erhöhung des EU-Budgets stimmen. Mehrere Abgeordnete kritisierten Nehammers ablehnende Haltung. NEOS-Mandatar Niki Scherak wertete es als „amüsant“, dass gerade jene Regierung, die in Österreich „das Füllhorn auspackt und alle Menschen sehr intensiv mit Geld bewirft“, nun auf EU-Ebene sehr zurückhaltend sein möchte.

Widerspruch kam auch vom Koalitionspartner. Nehammer würde „jetzt eine Position beziehen, von der man weiß, dass sie sich nicht ausgeht, um sich dann von der FPÖ Wortbruch vorwerfen zu lassen“, sagte Grünen-Politiker Jakob Schwarz. Ähnlich äußerte sich auch sein Klubkollege Michel Reimon. Der Bundeskanzler hätte eine Verhandlungsposition, von der er wisse, dass „er sie am Ende nicht halten kann“.

Nehammers Hintertür
Nehammer ließ eine Hintertür offen: Er machte klar, dass er „jetzt keiner Erhöhung zustimmen“ werde und verwies darauf, dass noch 400 Milliarden Euro im EU-Kohäsionsfonds sowie 80 Milliarden Euro im Darlehensfonds liegen würden. Dieses Geld lässt sich aber nicht so leicht umschichten, wie die EU-Kommission bereits klarstellte.

Der Bundeskanzler beharrte dennoch darauf, dass die Kommission „konstruktive Vorschläge unterbreiten“ solle, wie vorhandene Mittel eingesetzt werden könnten. „Wir sind Nettozahler, wir haben die Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu vertreten“, betonte der ÖVP-Chef. Eine künftige Aufstockung schließt er ab nicht kategorisch aus.

Kurz erklärt: Nettozahler

  • Als Nettozahler werden jene EU-Mitgliederstaaten bezeichnet, die mehr in den Haushalt einzahlen als sie herausbekommen. 
  • Der größte Nettozahler ist Deutschland.

Das EU-Budget ist nach Angaben der EU-Kommission überstrapaziert. Aus diesem Grund bittet die Brüsseler Behörde die EU-Mitgliedsländer noch zur Kasse: Rund 66 Milliarden Euro zusätzlich sollen die EU-Staaten für die vier kommenden Jahre bereitstellen. Für Österreich würde der Mehraufwand 1,9 Mrd. Euro zusätzlich bedeuten.

Österreich ist nicht allein
Doch Widerstand formiert sich nicht nur in Österreich. Ähnlich äußerte sich auch der deutsche Finanzminister Christian Lindner. „Angesichts der ernsten Haushaltssituation in vielen Mitgliedsstaaten ist jetzt der falsche Moment, zusätzlichen Finanzbedarf anzumelden“, so der FDP-Politiker auf Twitter.

Auch andere Nettozahler wie die Niederlande und Frankreich erteilten der Forderung bereits eine Absage. Der Tenor lautet: Die EU-Kommission müsse bestehende Mittel „ausschöpfen“. Der Kommissionschefin Ursula von der Leyen zufolge hätte sich die Welt in den vergangenen Jahren aber „dramatisch“ verändert.

Von der Leyen: Aufstockung „ein Muss“
Die Nachwehen des Angriffs Russlands auf die Ukraine habe Europa etwa in Form von gestiegenen Energiepreisen und hoher Inflation „sehr schmerzhaft zu spüren“ bekommen. Die Aufstockung des Budgets sei „ein Muss“, betonte von der Leyen. Alle EU-Staaten und das EU-Parlament müssen einer Erhöhung des EU-Budgets zustimmen. Am Donnerstag steht das Thema noch nicht auf der Agenda des EU-Gipfels in Brüssel - zumindest nicht offiziell.

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