Nehammer schweigt
Asylpakt-Blockade: Ist das der Anfang vom Ende?
Ungarn und Polen sorgten beim EU-Rat für einen gewaltigen Eklat: Die beiden Länder blockierten sogar den ohnehin nebulösen Schlusstext zum Thema Migration - und schickten damit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) wortkarg nach Hause.
Nehammer wollte unbedingt über Migration reden und gehörig Druck für deutliche Worte in den Schlussfolgerungen des Gipfels machen. Doch daraus wurde nichts. Polen und Ungarn legten sich am Freitag quer, blockierten sogar den geplanten, ohnehin sehr vagen, Text. „Es war ein Freiheitskampf, kein Aufstand“, so Ungarns Regierungschef Viktor Orbán, der sich, ebenso wie sein polnischer Amtskollege Mateusz Morawiecki, gegen den vereinbarten Asylpakt stellt.
In ihrer Absicht, die Blockade bis zum Äußersten zu treiben, versteigen sich beide zu mehr als fragwürdigen Aussagen. „Man will Ungarn dazu zwingen, Migranten-Ghettos zu errichten“, sagt etwa Orbán.
Was bedeutet das?
Aber was bedeutet die trotzige Behinderung für den von den Innenministerinnen und -ministern vereinbarten Asylpakt? Ist dies gar der Anfang vom Ende der als Durchbruch gefeierten Einigung? Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz war am Freitag nach dem Gipfel um Beruhigung bemüht: Es gehöre dazu, dass nicht alle die gleiche Sichtweise haben. Er gehe davon aus, dass der Mechanismus des Migrations- und Asylpakts – Flüchtlinge gerecht in Europa verteilen oder sich mit hohen Summen davon freikaufen – funktioniere.
Scholz betonte jedoch auch die Notwendigkeit der europäischen Solidarität. Und damit ist es ja bekanntlich nicht weit her. Ungarn und Polen werden wohl mit ihrer Erpressungstaktik weitermachen, sie könnten alle europäischen Vorhaben, die einstimmig beschlossen werden müssen, mit einem Veto blockieren.
Nehammer schweigt
Und was sagte Kanzler Nehammer nach dem Eklat und zu dem Ausgang, der so gar nicht nach seinem Geschmack war? Vorerst einmal gar nichts. Er ließ die Pressekonferenz, die von allen Staats- und Regierungschefs nach dem Gipfel üblicherweise abgehalten wird, sausen und verließ Brüssel ohne ein Wort. Erst viel später schickte das Kanzleramt eine schriftliche Meldung aus - man nehme den Protest Ungarns und Polens zur Kenntnis.
Kommende Woche wird Nehammer Seite an Seite mit Orbán auftreten. Der ungarische Premier kommt gemeinsam mit Serbiens Staatschef Vučić zu einem Migrationsgipfel nach Wien.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.