Vortrag in Salzburg

Snyder: „Europa kann auch ohne USA gewinnen“

Salzburg
01.07.2023 08:00
Star-Historiker Timothy Snyder sprach im Schloss Leopoldskron über den Ukraine-Krieg.

Zu seinem jährlichen Vorstandstreffen lud das Salzburg Global Seminar am Freitag Star-Historiker Timothy Snyder ins Schloss Leopoldskron ein. Der US-Amerikaner gilt als einer der besten Kenner der jüngeren europäischen Geschichte. Snyder sprach über den Ukraine-Krieg unter dem Motto „Demokratie an vorderster Front“.

Der Professor der Yale Universität hatte bei seiner Rede einige überraschende Botschaften für Europa im Gepäck. „Europa kann diesen Krieg auch ohne amerikanische Hilfe gewinnen. Die Europäer hätten das auch ohne uns (die USA, Anm.) lösen müssen, weil sie wirtschaftlich so viel stärker als Russland sind“, meinte Snyder etwa. Auch die Erzählung der EU von Nationalstaaten, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihren Fehlern gelernt und ein Friedensprojekt gegründet hätten, hält er für falsch.

Der US-Starhistoriker Timothy Snyder hielt in Schloss Leopoldskron einen Vortrag über den russischen Krieg in der Ukraine. (Bild: Berger Susi)
Der US-Starhistoriker Timothy Snyder hielt in Schloss Leopoldskron einen Vortrag über den russischen Krieg in der Ukraine.

Snyder hält wenig vom Gründungsmythos der EU
 Alle europäischen Länder wären Reiche gewesen, die koloniale Kriege verloren hätten, und sich zu einer Freihandelszone zusammengeschlossen hätten.

Russland sei ebenfalls ein Reich, das in der Ukraine einen kolonialen Krieg kämpfe. „Und Reiche wurden in der Geschichte nie befriedet, sondern immer besiegt“, sagte Snyder. Die Frage nach der Definition von Freiheit ist für den Historiker noch wichtiger als die nach der Zukunft der Demokratie. Denn diese sei ohne Freiheit unmöglich. Er sieht vier Probleme für die Freiheit, die sich im Ukraine-Krieg, aber nicht nur dort, zeigen würden: Nihilismus, also das In-Frage-Stellen allen Seins, Zukunftslosigkeit, Ungleichheit und die ausbeuterischen Eigenschaften von Imperien.

„Die sozialen Medien führen uns in eine Welt des Nihilismus“, sagte Snyder etwa. Oder: „Wenn es scheinbar keine Zukunft mehr gibt, wendet sich die Politik der Vergangenheit zu.“ Dann werde erzählt, ein Land sei immer unschuldig gewesen. Davon gebe es eine russische, eine amerikanische, eine indische und viele weitere Versionen.

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