Da fliegt der Schotter

Opel Corsa-e: Heftiger Rallye-Spaß im Strom-Racer

Motor
03.07.2023 05:00

Ein ernstzunehmendes Rallye-Auto braucht einen Verbrennungsmotor und viel Leistung? Nicht unbedingt. Opel bestreitet nun schon seit drei Jahren sehr erfolgreich den selbst geschaffenen ersten Rallye-Cup für Elektrofahrzeuge - mit seriennahen Opel Corsa Electric, gerade mal 100 kW/136 PS stark. „Krone“-Motorredakteur Stephan Schätzl hat das „Bolidchen“ über Schotter gejagt. Seine Eindrücke hier im Video!

(Bild: kmm)

So viel sei hier verraten: Es ist ein Heidenspaß, mit dem Stromer über die Strecke zu stauben. Auf dem kurvenreichen und geradenarmen Testkurs des Pachfurther Drivingcamps fehlt es nicht einmal an Leistung. Das maximale Drehmoment von 260 Nm fällt elektroautotypisch ohne Verzögerung über die Vorderräder her, im Zaum gehalten vom feinfühligen Gasfuß und von einer Lamellen-Differenzialsperre. Anfangs verwendete Opel stattdessen eine Torsen-Sperre, aber die hat sich auf Dauer nicht bewährt.

Der Antrieb des Rallye-Corsa ist serienmäßig - bis auf die Batterie-Software. (Bild: Opel)
Der Antrieb des Rallye-Corsa ist serienmäßig - bis auf die Batterie-Software.

Es ist nicht das einzige Upgrade im Vergleich zum Serienfahrzeug, aber die Änderungen gehen nicht „ans Eingemachte“. Motor, 50-kW-Batterie und Inverter bleiben unverändert. Aber klar: Einerseits haben sie aus dem Corsa alles rausgeräumt, was nicht unbedingt notwendig ist (also Rückbank, Verkleidungen, Teppiche und, und, und), andererseits das reingeschraubt, was man für den harten Rallye-Betrieb braucht, angefangen beim FIA-zertifizierten Überrollkäfig, den Rennschalensitzen und der automatischen Löschanlage (mit nichtleitendem Löschmittel) bis hin zu den Kleinigkeiten, die jedes Rallye-Auto hat, innen wie außen.

Der zivile und der Rallye-Corsa haben viel gemeinsam. (Bild: Opel)
Der zivile und der Rallye-Corsa haben viel gemeinsam.

Am Fahrwerk ist wenig serienmäßig
Fahrdynamisch relevante Änderungen sind noch das Bilstein-Fahrwerk, die McPherson-Federbeine mit Uniball-Aufnahmen vorne, die Brembo-Bremsen - und natürlich die hydraulische „Fly-Off“-Handbremse mit ihrem riesigen Arm, die einem das Heck zum engen Freund macht, der rumkommt, wenn man will.

Es kommt oft aber auch ohne Zug am Hebel. Wer das noch nicht ausprobiert hat, ahnt nicht, wie viel man mit einem Fronttriebler driften kann, bzw. dass es in Rallye-Tempo gar nicht zu vermeiden ist. Diesbezüglich hat der elektrische Rallye-Corsa gegenüber frontgetriebenen Verbrenner-Konkurrenten einen Vorteil: Das Auto ist durch die 450-kg-Batterie im Unterboden zwar 1530 bis 1550 kg schwer, sie sorgt aber für einen tiefen Schwerpunkt und eine perfekte Gewichtsbalance von 52% vorn und 48% hinten. Ein Effekt davon: Die Hinterräder bauen mehr Temperatur auf und bieten mehr Grip.

Dadurch sind die Rallye-Stromer ihren Konkurrenten vor allem bei Bergabfahrten auf Asphalt überlegen. Bergauf fahren sie jedoch mangels Leistung weit hinterher.

Vom Serien-Cockpit blieb nicht viel übrig, ... (Bild: Opel)
Vom Serien-Cockpit blieb nicht viel übrig, ...
... der Fahrmodusschalter ist aber noch da. Es gibt einen Dry genannten Race-Modus, einen Wet-Modus für drehmomentreduziertes Fahren im Regen, und einen Eco-Modus für Verbindungsetappen. (Bild: Opel)
... der Fahrmodusschalter ist aber noch da. Es gibt einen Dry genannten Race-Modus, einen Wet-Modus für drehmomentreduziertes Fahren im Regen, und einen Eco-Modus für Verbindungsetappen.
(Bild: Opel)

Neues Batteriemanagement
Die Hardware ist zwar identisch, die Software für das Batteriemanagement wurde aber eigens geschrieben bzw. wird ständig weiterentwickelt. Was zum Teil wiederum dem Serienauto zugutekommt. Im Rallye-Corsa wird die Batterie so hart hergenommen wie niemals sonst im Corsa. Schnell laden, fast komplett leerfahren, wieder schnell laden, das alles in Hitze, Kälte und Staub. Die Batterie muss immer in einem schmalen Temperaturfenster gehalten werden, das bedeutet entsprechend heizen oder kühlen. Dabei soll die Kapazität möglichst lange stabil bleiben. Eine haben sie jüngst nachgemessen: Nach 14.000 Rennkilometern war sie noch bei 96 Prozent.

Zwei Dinge werfen bei elektrische angetriebenen Rallye-Autos Fragen auf: Sicherheit und Umweltfreundlichkeit.

Wie sicher sind elektrische Rallye-Autos?
Beim Rallye-Elektro-Corsa wird technisch für höchste Sicherheit gesorgt. Von außen ist an Warnleuchten sichtbar, ob der Stromkreis intakt und isoliert ist. Im Fall eines Crashs wird alles innerhalb einer Sekunde angeschaltet. Ausgelöst wird das durch den Airbagsensor, der den Rallye-Anforderungen entsprechend kalibriert ist. Einen Airbag gibt es aber nicht. Außerdem gibt es zwei manuelle Abschalter außen und einen innen. Alle relevanten Personen werden geschult und es fährt ein eigener Eingreiftrupp hinterher, der gegebenenfalls das verunfallte Auto so positioniert, dass die Batterie gefahrlos abbrennen kann. An ein Löschen ist bekanntlich nicht so ohne Weiteres zu denken.

Ein Vorteil ist aber: Batterieautos neigen grundsätzlich weniger zum Brennen als solche mit Benzintank. Und wenn, dann entwickelt sich das Feuer langsam, nicht explosionsartig. Die Insassen haben also mehr Zeit auszusteigen. Übrigens: Bisher hat im Rallye-Betrieb trotz heftiger Einschläge noch keine Batterie gebrannt.

Wo kommt der Strom für die Rallye-Autos her?
In den meisten Fällen werden elektrische Rennfahrzeuge über Diesel- oder Gasgeneratoren oder riesige Akkupacks versorgt. Im ADAC Opel Electric Rally Cup läuft das anders: Da wird eine mobile Ladeinfrastruktur aufgebaut, die das öffentliche Mittelspannungsnetz anzapft. Die „eLoaded“-Anlage bezieht Ökostrom mit über 20.000 Volt vom jeweiligen Netzbetreiber und liefert über einen speziellen Transformator eine Maximalleistung von 2 Megawatt an 18 Ladepunkte, von denen je einer am Servicezelt jedes Cup-Fahrzeugs steht.

Jeder Ladepunkt speist das Fahrzeug mit bis zu 140 Kilowatt, wobei der Corsa Rally Electric mit maximal 100 Kilowatt Gleichstrom geladen werden kann. Zu 80 Prozent in rund 25 Minuten.

(Bild: Opel)

Nachwuchsprogramm für Rallye-Einsteiger
Der ADAC Opel Electric Rally Cup „powered by GSe“ wird im Rahmen ganz normaler Rallyes im Rahmen der Deutschen Rallye-Meisterschaft (DRM) ausgetragen. Allerdings nehmen die Stromer nicht an allen Wertungsprüfungen teil - aufgrund der geringen Reichweite. Im Rallye-Tempo gehen sich rund 60 Kilometer aus. Zuletzt wurden 90 Prozent der Wertungskilometer absolviert.

Ein wichtiger Teil des Konzepts ist eine umfassende Nachwuchsförderung. Daher sind die TeilnehmerInnen maximal 26 Jahre alt. Der Sieger der Rennserie wird mit einem Cockpit im Opel-Werksteam belohnt und darf als Profifahrer an der Rallye-Junior-Europameisterschaft (JERC) teilnehmen. Der Erste, der das geschafft hat, war der Franzose Laurent Pellier - und er gewann 2022 auch gleich die EM. Derzeit kämpft Timo Schulz um EM-Punkte. Im Elektro-Cup sind 124 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus 21 Nationen aktiv. Pro Saison werden acht Rennen gefahren, davon eines in Österreich (Rallye Weiz, 14./15. Juli 2023).

Ein allgemeines Reglement für Elektro-Rallyes ist in Arbeit. Künftig (wohl ab 2025) werden also mehr Rallye-Autos Batterie statt Tank an Bord haben. Und einen Soundgenerator, denn das fehlende Motorgeräusch wäre eine Gefahr für die Fans an der Strecke.

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