FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht im geplanten Beitritt Österreichs zu Europas Luftraum-Verteidigungssystem „Sky Shield“ eine „verheerende neutralitätspolitische Entscheidung“, wie er am Sonntag in einem Pressestatement betonte. Die Regierung sei ein „Sicherheitsrisiko für unser Land“, kritisierte er. Die ÖVP sieht das naturgemäß anders.
„Österreich verliert damit seine Position der Stärke, die es gerade im aktuellen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine nützen könnte, um als Vermittler auftreten zu können“, so der blaue Parteiobmann, der sich eine Reaktion des Bundespräsidenten Alexander van der Bellen erwartet.
„Kann Österreich in Krieg mit Russland führen“
Die Beteiligung an dem Projekt gefährde in höchstem Maße den Schutz Österreichs, den es durch den Neutralitätsstatus habe. Bei „Sky Shield“ seien ausschließlich NATO-Staaten involviert - mit Ausnahme Schwedens, das die NATO-Mitgliedschaft allerdings anstrebe. „Ein gemeinsamer Raketenschirm mit der NATO ist neutralitätsrechtlich ausgeschlossen. Und er kann Österreich in einen Krieg mit Russland führen“, warnte Kickl.
Komme es zu einem Krieg zwischen der NATO und Russland, könne Österreich „weder die Einhaltung des Abstinenz- noch des Paritätsprinzips gewährleisten. Im Gegenteil: Es ist zum Zeitpunkt des Beitrittes zu dieser Initiative schon glasklar, dass in diesem Fall Österreich das Abstinenz- und das Paritätsprinzip verletzen wird“, so der FPÖ-Chef.
Naturgemäß anders sieht das die ÖVP. „Herbert Kickl will, dass die österreichische Bevölkerung schutzlos Bedrohungen ausgeliefert wird - und instrumentalisiert daher aus reinem Eigennutz die Neutralität“, erklärte der Generalsekretär der Volkspartei, Christian Stocker.
Außenminister: „Kein Neutralitätsbruch“
Für Außenminister Alexander Schallenberg ist der geplante „Sky Shield“-Beitritt kein Bruch der österreichischen Neutralität. Der Schutzschild sei keine NATO-Initiative und kein Beitritt zu einer Militärallianz, sondern lediglich „die Zusammenarbeit einer Reihe von Staaten“, betonte er. Es gehe bei der Initiative um „pooling and sharing“, erklärte der Minister in der ORF-„Pressestunde“.
Schallenberg stellt in Abrede, dass es sich bei „Sky Shield“ möglicherweise um eine Militärallianz handeln könnte und begründete dies mit dem Fehlen einer Beistandsklausel: „Es gibt keinen Automatismus. Es ist einfach das, dass man Information teilt“. Die Neutralität Österreichs bleibe bei einer Teilnahme am Raketen-Schutzschild zu 100 Prozent gewährt, so der Minister.
Kanzler: „Bedrohungslage massiv verschärft“
Bundeskanzler Karl Nehammer hatte am Samstag erklärt, dass sich die Bedrohungslage „durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine massiv verschärft“ habe. Er und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) betonten zudem, dass die Neutralität durch das Projekt nicht gefährdet sei. Es handle sich „um die Beteiligung an einem Schutzschirm, der zur Gefahrenabwehr dient“.
Die „European Sky Shield Initiative“ (ESSI) ging vom EU- und NATO-Land Deutschland aus und umfasst derzeit 17 Länder. Beteiligt sind seit dem vergangenen Oktober zudem die NATO-Mitglieder Großbritannien, Slowakei, Lettland, Ungarn, Bulgarien, Belgien, Tschechien, Finnland, Litauen, Niederlande, Rumänien, Slowenien, Estland sowie Norwegen. Im Februar schlossen sich Dänemark und Beitrittskandidat Schweden dem Projekt an.
Raketenabwehr soll Schutzschirm-Lücken schließen
„Sky Shield“ soll vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine helfen, bestehende Lücken im derzeitigen Schutzschirm für Europa zu schließen.
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