66 Kilometer durch Terrassen voller Reben im Schweizer Kantons Wallis, entlang der Rhone, an der Südseite der Alpen: das stärkt die Kondition, auch in kulinarischer Hinsicht
Schweizer Berge, Almen, Käse, Schokolade, Banken, Uhren, Pünktlichkeit - Schlagworte beim Gedanken an unsere westlichen Nachbarn.
Wein ist nicht dabei – und das ist ein Fehler, wie ein Lokalaugenschein im mit fast 5000 ha wichtigsten Anbaugebiet der Schweiz zeigt. Im Wallis gibt es weniger Niederschlag und mehr Sonnenstunden als in anderen Kantonen, der Himmel ist oft besonders blau, weil hohe Berge im Norden den Regen abhalten und der Föhn die Wolken wegfegt. Dieses günstige Klima macht nicht nur seine Bewohner lockerer und offener, als es dem Klischee von den trockenen Eidgenossen entspricht, es ist auch ideal für den Weinbau. Die hohen Temperaturunterschiede fördern die Reife der Trauben, schützen sie vor Krankheiten, erhöhen ihre Komplexität und ihre Aromafinessen.
Infos allgemein:
Schweiz Tourismus 00800 100 200 30 (kostenlos)
info@myswitzerland.com
MySwitzerlandcom
Weinwanderung Veranstalter:
eurotrek@eurotrek.ch www.eurotrek.ch
Hotline: 0041 78 750 29 77
Soweit die Theorie: Die Praxis lässt sich auf dem 66 Kilometer langen Weinwanderweg, dem Chemin du vignoble, zwischen Martigny und Leuk entlang der Rhone ergehen – und erkosten. Vier Tagesetappen sieht der offizielle, mit Schweizer Genauigkeit erstellte Plan dafür vor. Gehzeiten, Wegbeschreibung. Sehenswürdigkeiten, Einkehrmöglichkeiten sind genau aufgelistet. Quartiere, Gepäcktransport, Optionen für Schlechtwetter, alles organisiert.
Die etwa 100.000 Schritte führen auf idyllischen, gut ausgebauten Wegen in sanftem Auf und Ab zwischen 400 und 800 Metern Meereshöhe, immer mit Blick auf die imposanten Gletscher der nahen Viertausender. Stolz zeigen unsere Gastgeber ihre terrassenförmig an den steilsten Sonnenhängen angelegten Flächen; wer, wie wir, im September wandert, profitiert nicht nur von warmen, aber nicht zu heißen Tagen, sondern kann die Winzer auch bei der Weinlese beobachten.
Auf diesen kleinen, steilen Terrassen wird alle Arbeit händisch verrichtet; auch die insgesamt 3000 Kilometer Trockensteinmauern im Gebiet müssen liebevoll in Handarbeit erhalten und ausgebessert werden. Obwohl es hier schon zu Beginn unserer Zeitrechnung erste Weinkulturen gab, entstanden viele Rebflächen erst vor etwa 50 Jahren. Unser Wanderbegeleiter Valentin schildert genau, wie Milchbauern damals vorwiegend aus finanziellen Gründen von der Almwirtschaft auf Reben umstellten.
Wie gut das gelang, zeigten einige - wohlverdiente - kulinarische Pausen entlang des Weges. Alle der 50 Rebsorten konnten wir bei allem gutem Willen nicht verkosten, einige, wie die Petite Arvine, der Lafnetscha, der Heida und natürlich Fendant und Malvoisie, hinterließen allerbesten Eindruck. Mit der passenden „Unterlage“ aus Bündnerfleisch, Speck und Käse lässt sichs gestärkt weitermarschieren - bis zum abendlichen traditionellen Raclette . . .
Ein kultureller „Seitenblick“ zeigt Schloss Muzot oberhalb von Sierre/Siders, wo Rainer Maria Rilke seine letzen fünf Lebensjahre verbrachte - und schrieb: „Das Wallis ist eine der herrlichsten Landschaften, die ich je gesehen habe, und in großartiger Weise fähig, auch unser Innenleben zu berühren“. Ein auch heute - und für Genuss-Wanderer - gültiges Dichterwort!
Brigitte Egger
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.