Rüffel vom Vize

Cameron nach Gipfel-Veto weiter unter Druck

Ausland
12.12.2011 07:54
Nach seinem strikten Nein zu dem Brüsseler Anti-Schulden-Pakt droht dem britischen Premier David Cameron ein riskanter Koalitionsstreit. Vizepremier und Liberaldemokratenchef Nick Clegg schlug am Sonntag erstmals zurück: Er werde sich mit Händen und Füßen gegen eine noch stärkere Trennung von Brüssel wehren, kündigte er an. Die britische Bevölkerung steht indessen laut aktuellen Umfragen hinter dem Nein zu einer EU-Vertragsreform. Cameron wird heute im Parlament in London zu seinem Veto Stellung nehmen.

Cameron hatte sich beim EU-Gipfel am vergangenen Freitag in Brüssel als Einziger geweigert, einem zwischenstaatlichen Vertrag für mehr Haushaltsdisziplin zuzustimmen, weil die EU-Staaten nicht den von ihm geforderten Ausnahmeregeln für den Londoner Finanzplatz zustimmen wollten (siehe Infobox). Am Montagnachmittag steht im Parlament eine Erklärung des Regierungschefs zu seinem Gipfel-Veto in Brüssel auf der Tagesordnung.

Koalitionspartner "bitter enttäuscht"
Die kritischen Stimmen im eigenen Land werden unterdessen immer lauter: Er sei "bitter enttäuscht" und fürchte, Großbritannien werde in Europa isoliert und an den Rand gedrängt, schlug zuletzt sein Vize Nick Clegg am Sonntag harte Töne an. Oppositions-Chef Ed Miliband von der sozialdemokratischen Labour-Partei hatte Cameron zuvor vor allem katastrophale Fehler bei den Verhandlungen und mangelndes Fingerspitzengefühl vorgeworfen.

Auch Schottlands Regierungschef Alex Salmond äußerte sich mittlerweile kritisch zu dem Veto Camerons gegen eine Änderung der EU-Verträge. Cameron habe einen "groben Fehler begangen, als er offenkundig die gesamte Beziehung Großbritanniens zur EU geändert" habe, schrieb Salmon dem Premier in einem Offenen Brief, aus dem die Agentur PA in der Nacht zum Montag zitierte.

Salmond sieht in dem Vorgehen Camerons weitreichende Auswirkungen auf die Beziehungen von Schottland, Wales und Nordirland zur EU. Cameron habe praktisch im Alleingang Großbritannien von Europa isoliert. Auch aus Cardiff kamen kritische Worte. Dort bedauerte Carwyn Jones, Regierungschef von Wales, dass Großbritannien künftig nicht mehr an Gesprächen über die EU-Verträge beteiligt würde, obwohl diese Gespräche die Euro-Zone und "letztlich auch Großbritannien und Wales" betreffen.

Mehrheit der Briten für mehr Distanz zu Brüssel
Eine Mehrheit der Briten begrüßt indes die Weigerung Camerons, EU-Vertragsveränderungen zur Beilegung der Schuldenkrise zuzustimmen. Eine Umfrage für die konservative - und als enorm europakritisch bekannte - Zeitung "Mail on Sunday" ergab, dass rund 62 Prozent der Briten hinter der Entscheidung für mehr Distanz zu Brüssel stehen. 66 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, in einem Referendum über die künftigen Beziehungen Großbritanniens zur EU abzustimmen.

Ebenso viele wollen, dass London sein Verhältnis zu Brüssel neu verhandelt. 48 Prozent sprachen sich für einen Austritt des Landes aus der Europäischen Union aus, nur 33 Prozent wollen in der EU bleiben. 48 Prozent der befragten Briten glauben, dass die EU an der Krise zerbricht. 65 Prozent erwarten ein Ende des Euro. Nur 19 Prozent der Briten glauben, dass die Gemeinschaftswährung überlebt.

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