Maßnahmen gefordert

Klimawandel macht Bedürftige noch ärmer

Österreich
06.07.2023 13:32

Die Folgen des Klimawandels belasten armutsbetroffene Menschen stärker als reichere, auch wenn sie weniger zur Klimakrise beitragen. Zugleich belastet die Teuerung ärmere Haushalt besonders. Die Armutskonferenz verlangt daher parallele Maßnahmen gegen Armut, Teuerung und Klimabelastungen. Konkret gefordert wird eine Energiegrundsicherung, die vorgezogene Valorisierung der Sozialhilfe, die Entkoppelung von Mieterhöhungen vom Verbraucherpreisindex und eine bessere Wohnbeihilfe.

„Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Klimakrise, Armut, der Gesundheit von Menschen und der Teuerung“, sagte Armutsexperte Martin Schenk von der Diakonie Österreich bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Daher sei es wichtig, integrierte Lösungen zu finden und die einzelnen Problemfelder nicht in Schubladen unabhängig voneinander zu bearbeiten.

Haushalte mit geringem Einkommen durch Hitze belastet
So würden sommerliche Hitzeperioden, die seit 2016 zu 1600 Hitzetoten führten, besonders Haushalte in Vierteln mit geringerem Einkommen gefährden. Diese hätten auch weniger Möglichkeiten, sich vor Hitze zu schützen. Zugleich spiele es ein Rolle, inwieweit Menschen sozial eingebunden seien. „Sag mir, wo du wohnst und ich sage dir, wann du stirbst“, spitzte es Schenk zu. Die Armutskonferenz fordert daher unter dem Titel „Klimanachbarschaft“ die Finanzierung von Grätzl-Teams, um die Nachbarschaft zu fördern. Außerdem sollen städtische Hitzespots reduziert werden.

(Bild: P. Huber)

Zur Entschärfung der Energiearmut fordert die Armutskonferenz außerdem eine Energiegrundsicherung. Damit soll jedem Menschen eine bestimmte Versorgung an Energie als Grundanspruch kostenfrei gesichert werden. Dabei soll neben Strom auch das Heizen eingeschlossen sein. Von der Regierung fordert die Armutskonferenz, verschiedene Modelle zu prüfen, bevor die bestehende Strompreisbremse im Juni 2024 ausläuft.

Experten für Mietpreisbremse
Außerdem solle der Mietpreis vom Verbraucherpreisindex (VPI) entkoppelt werden, um der „sich selbst verstärkenden Preisspirale“ entgegenzuwirken, so Schenk. Gefordert wird zudem, die Valorisierung der Sozialleistungen vorzuziehen. Anstatt auf die 2024 geplante Valorisierung von geschätzt zehn Prozent zu warten, könnten die Sozialleistungen jetzt um fünf Prozent erhöht werden und im Jänner dann erneut um fünf Prozent. Zudem fehle nach wie vor eine Valorisierung des Arbeitslosengeldes, so Schenk.

Als weitere Maßnahme fordert die Armutskonferenz eine Verbesserung der Wohnbeihilfe in den Ländern sowie die Reform der Sozialhilfe.

Bekämpfung des Klimawandels nicht leistbar
Armutsbetroffene würde bei der Bekämpfung des Klimawandels oft an ihre Grenzen stoßen, schilderte die Mindestpensionistin Christine Sallinger von der Plattform „Sichtbar Werden“. So sei das Klimaticket für ärmere Haushalte nicht leistbar. Auch die thermische Sanierung oder die Wahl der Heizungssysteme sei für sie „nur ein schöner Traum“, ebenso wenn es um smarte Thermostate oder den Tausch von energiefressenden Geräten gehe.

„Ein ganz großes und leider für uns nicht lösbares Problem ist die Kühlung im Sommer“, betont Sallinger. Das betreffe vor allem alte Menschen, chronisch Kranke und Kinder, die besonders gefährdet seien und sich nicht schützen könnten, weil das Geld für Außenrollläden, Klimaanlage oder die Sommerfrische am Schneeberg fehle. Mit einer Energiegrundsicherung könnten wenigstens die lebensnotwendigen Ausgaben für Strom, Heizen und Kühlen gedeckt werden.

Ministerium verweißt auf beschlossene Maßnahmen
Das Finanzministerium reagierte auf die Forderungen am Donnerstag mit dem Verweis auf die bisher beschlossenen Entlastungs- und Antiteuerungsmaßnahmen für den Zeitraum von 2022 bis 2026 in Höhe von insgesamt 40 Milliarden Euro. Dabei sei die Treffsicherheit in Österreich laut OECD und Budgetdienst des Parlaments im Vergleich zu anderen Ländern überdurchschnittlich gut, betonte man. So betreffe das Volumen der treffsicheren Maßnahmen fast zwei Prozent des BIP und damit fast 40 Prozent der Hilfen. Dagegen werde in Deutschland oder Spanien nur etwa ein Zehntel der Hilfen als treffsicher eingestuft.

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