Koalition zerbrochen

Niederländischer Asylstreit: Premier tritt zurück

Ausland
07.07.2023 23:03

In den Niederlanden ist der Streit über die Asylpolitik so sehr eskaliert, dass in der Folge die Regierungskoalition zerbrochen ist. 

Niederlandes Premier Mark Rutte hat den Rücktritt seiner Regierung erklärt. Die Unterschiede bei den vier Koalitionsparteien bei der Migrationspolitik waren unüberbrückbar, sagte der konservativ-liberale Premier am Freitagabend in Den Haag. Er wollte noch am selben Abend König Willem-Alexander schriftlich den Rücktritt des Kabinetts anbieten. Er bedauerte diesen Schritt, aber dies sei „eine politische Realität“. Rutte ließ offen, ob er erneut bei einer Neuwahl antreten werde.

In den vergangenen Tagen war es wegen eines Vorstoßes der konservativen VVD-Partei von Ministerpräsident Mark Rutte zu dem Thema zum Streit in der Vier-Parteien-Koalition gekommen. Dabei sollte der Zustrom von Asylsuchenden begrenzt werden.

Vielzahl an Einwanderern
Wie andere europäische Länder auch ringen die Niederlande mit der Frage, wie sie mit der Vielzahl an Einwanderern umgehen sollen. Die Mitte-Rechts-Partei VVD des Regierungschefs hatte strenge Regeln für Asylbewerber vorgeschlagen und gedroht, das Kabinett zu verlassen, wenn die von Rutte vorgeschlagenen Maßnahmen nicht verabschiedet würden. Konkret fordert Rutte, die Familienzusammenführung für Kriegsflüchtlinge zu erschweren.

Zwei Juniorparteien weigerten sich aber, dies mitzutragen. Die christdemokratische Partei Christen Unie hatte erklärt, sie könne „mit Ruttes Vorschlag nicht leben“, auch die Mitte-Links-Partei D66 von Finanzministerin Sigrid Kaag lehnte die Forderung Berichten zufolge ab. Nun dürften Neuwahlen angesetzt werden.

Baby starb in Migrationszentrum
Die niederländische Regierung stritt seit ihrem Amtsantritt vor eineinhalb Jahren über das Thema. Im vergangenen Jahr kam es zu einem Skandal, als in einem überfüllten Migrationszentrum ein Baby starb. Ruttes vorherige Regierung war 2021 nach einer Affäre um Kindergeldzuschläge zurückgetreten. Früheren Medienberichten zufolge zeigte sich Rutte im aktuellen Fall bereit, die Regierung notfalls scheitern zu lassen. Die Asylanträge in den Niederlanden stiegen im vergangenen Jahr um ein Drittel auf über 46.000 und sollen in diesem Jahr auf mehr als 70.000 ansteigen - ein neuer Höchststand seit 2015.

Rutte stellt sich in Den Haag der Presse. (Bild: APA/AFP/ANP/Robin UTRECHT)
Rutte stellt sich in Den Haag der Presse.

Schlechte Bedingungen für Flüchtlinge 
Dies dürfte eine deutliche Belastung für die Asyleinrichtungen des Landes darstellen. Im vergangenen Jahr waren Hunderte Flüchtlinge monatelang gezwungen, im Freien zu schlafen, mit wenig oder gar keinem Zugang zu Trinkwasser, sanitären Einrichtungen oder Gesundheitsversorgung. Rutte hatte angekündigt, die Bedingungen in den Einrichtungen durch die Reduzierung der Flüchtlingszahlen verbessern zu wollen.

Mark Rutte (56) ist seit knapp 13 Jahren Ministerpräsident der Niederlande und damit einer der am längsten amtierenden Regierungschefs der EU. Seit Jänner 2022 führte er sein viertes Kabinett nach Koalitionsverhandlungen, die gut neun Monate gedauert hatten und damit die längsten in der Geschichte des Landes waren. Insgesamt vier Parteien waren nötig, um eine Mehrheit in der Zweiten Kammer des Parlaments zu erreichen, das waren Ruttes rechtsliberale VVD, die linksliberale D66, die christdemokratische CDA und die kleine ChristenUnion.

Nach zahlreichen Krisen waren die Umfragewerte der Koalition stark gesunken. Bei der jüngsten Provinzialwahl im März, bei der auch die Erste Kammer des Parlaments - vergleichbar dem Bundesrat - gewählt wurde, hatten alle Regierungsparteien deutliche Verluste verbucht. Großer Wahlsieger wurde die rechtspopulistische Bauerbürgerbewegung BBB, die auf Anhieb stärkste Kraft wurde. In der Zweiten Kammer ist die BBB nur mit einer Abgeordneten vertreten. Bei einer Neuwahl wird der Partei großer Erfolg vorhergesagt.

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