Das Votum erfolgte eindrucksvoll: Einstimmig, sprich mit 13:0-Stimmen, wurde Klaus Mitterdorfer gestern in Salzburg zum neuen OFB-Präsidenten gewählt. Der Kärntner folgt auf Interims-Boss Johann Gartner, ist nun vorerst bis zur nächsten Wahl im Herbst 2025 im Amt. Mit der „Krone“ sprach der 57-Jährige über Ziele, Konflikte und das aktuell wichtigste Projekt. Und sagt: „Das Zentrum Aspern ist dringend notwendig.“
Herr Mitterdorfer, Gratulation zur Wahl zum neuen ÖFB-Präsidenten. Wie fühlt es sich an?
Es erfüllt mich mit Stolz, wird eine spannende Herausforderung. Danke an Johann Gartner für die letzten sechs Monate als Interims-Präsident, unter seiner Führung hat man das Präsidium wieder als Einheit wahrgenommen. Den Weg der Gemeinsamkeit gilt es fortzusetzen.
Wie sehen ihre Ziele für die kommenden zwei Jahre bis zur nächsten Wahl im Herbst 2025 aus?
Ich wünsche mir, dass es uns gelingt, dass der Fußball in all seinen Facetten wieder im Mittelpunkt der Arbeit steht - nicht Eitelkeiten oder Eigeninteressen. Ich erwarte mir wertschätzende Teamorientierung und ein gemeinsames Vorgehen in allen Bereichen, möchte mit positiver Kommunikation alle gleichermaßen einbinden und mitnehmen.
Sie stehen seit Ende April als neuer Präsident fest, wie haben Sie die Zeit bis zur Wahl genutzt?
Ich habe versucht, mir mit sehr vielen Gesprächen ein Bild von den Abläufen im ÖFB zu machen - mit Teamchef Rangnick und den Spielern des Nationalteams ebenso erste Gespräche geführt wie mit Sponsoren, Ministern oder Interessensvertretern, die beiden EM-Qualifikationsspiele im Juni auch dazu genutzt, um erste Termine zu fixieren.
Wie ist der ÖFB aktuell aufgestellt?
Wir haben im ÖFB ein sehr engagiertes Team von rund 90 Mitarbeitern, ihnen gilt es zu vertrauen, sie arbeiten zu lassen. Das setzt voraus, dass es bestmöglich keine Reibungsflächen gibt. Diese gehören abgebaut. Sonst blockiert man viele Abläufe und auch die Kompetenz vieler Leute im Verband.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Generalsekretär Hollerer und Geschäftsführer Neuhold seit geraumer Zeit nicht miteinander können.
Ich habe mit den beiden bereits Einzelgespräche geführt, in den nächsten Tagen setzen wir uns zu dritt an einem Tisch. Die Situation ist aus meiner Sicht lösbar. Beide verfügen über großartige Stärken, die für den ÖFB sehr wertvoll sind.
Der ÖFB war in der Vergangenheit auch für Querschüsse aus diversen Landesverbänden gefürchtet.
Ich will da nicht zurückschauen. Mein Stil wird es sein, viel mit den Leuten zu reden. Alle mit ihren Stärken und Eigenheiten einzubinden und mitzunehmen. Dass sie Aufgaben übernehmen, sich aktiv einbringen.
Was nehmen Sie sich konkret vor?
Ich möchte versuchen, eine Strategie im dynamischen Prozess Fußball zu entwickeln, für die nächsten fünf Jahre bis 2028 einen Leitfaden entwickeln. Ein Beispiel: Im Bereich Spitzen-Fußball das Ausbildungs-Konzept von Elite- und Nationalteamspielern in den Akademien weiterzuentwickeln. Das Ziel muss es sein, mit den Nachwuchs-Teams an möglichst vielen WM- und EM-Turnieren teilzunehmen.
Die Situation ist aus meiner Sicht lösbar. Beide verfügen über großartige Stärken, die für den ÖFB sehr wertvoll sind.
ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer über den Zwist der zwischen Generalsekretär Hollerer und Geschäftsführer Neuhold
Ein „brennendes“ Thema ist auch der Kinder- und Jugendfußball.
Stimmt. 25 Prozent hören im ersten Jahr wieder auf, 60 Prozent bis zum 18. Lebensjahr. Da geht ein wesentliches Stück Fußball-Familie verloren. Wir müssen auch die Angebote in Kindergärten und Schulen verbessern, schrittweise Reformen durchführen. Ferner haben wir österreichweit 2400 Schiedsrichter, brauchen würden wir rund 3000. Ein wichtiger Schritt war hier, Viktor Kassai als technischen Direktor zu gewinnen. Auch Themen wie soziale Verantwortung, Vielfalt, Inklusion oder Klimaschutz werden wir uns intensiv widmen.
Wie beurteilen Sie die Situation im Frauen-Fußball?
An der Spitze stehen wir durch die ÖFB Frauen Akademie in St. Pölten gut da, in der Breite haben wir deutlich Luft nach oben. Es gibt viele Mädels, die spielen wollen, aber keinen Verein finden. Breite setzt voraus, dass die Vereine erkennen, dass Mädchen und Frauen nicht nur für den Fußball an sich wichtig sind, sondern es geht um das Erkennen der Rolle der Frau im Fußball. Als mögliche spätere Trainerinnen, Schiedsrichterinnen, Funktionärinnen oder auch Mütter, die eines Tages ihre Kinder selbst zum Training bringen.
Ein zentraler Punkt ist auch das geplante und mit 75 Millionen veranschlagte ÖFB-Projekt in Aspern mit Geschäftsstelle und Trainingszentrum.
Es gilt, die Leist- und Finanzierbarkeit sowie die Rechtssicherheit in allen Bereichen sicherzustellen, die Fördervertrage zu finalisieren. Schön wäre ein Spatenstich im kommenden November. Dieses Zentrum ist im internationalen Vergleich dringend notwendig.
Sie sind im Hauptberuf Direktor der Kärntner Ärztekammer. Da fragen sich viele: Wie schafft das der Mitterdorfer?
Es ist machbar; ich trenne beides strikt voneinander. Der ÖFB wird beim Kärntner Verband einen Raum mieten. Dort kann ich, wenn ich in der Kammer keine Abendtermine habe, ab 17 Uhr arbeiten.
Abschließend noch eine sportliche Frage: Schafft es Österreich zur EURO 2024?
Ja, davon bin ich fest überzeugt. Ich habe den Spielern gesagt, dass ich für sie da sein und mich nach vorne stellen werde, wenn sie mich brauchen. Wenn es gut läuft, werde ich mich im Hintergrund halten.
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