„Potenzielle Gefahr“
Naiv oder umsichtig? Putins Umgang mit Wagner
Der Wagner-Aufstand wirkt immer noch nach. Für US-Experten stellen die Aufständischen um Jewegeni Prigoschin weiterhin eine Gefahr für das Regime von Wladimir Putin dar. Während der russische Propaganda-Apparat damit beschäftigt ist, die Vergangenheit umzudeuten.
„Putin erlaubt Wagner und Prigoschin weiter, in Russland zu operieren und potenziell eine Gefahr für sein Regime zu sein“, hieß es in einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien ISW in Washington.
Auch zwei Wochen nach dem kurzzeitigen Wagner-Aufstand mit wohl 25.000 Söldnern gegen die russische Militärführung könnten sich Prigoschin und die Kommandanten frei in Russland bewegen. Putin habe entweder ein bemerkenswertes Vertrauen in die beteuerte Loyalität Prigoschins, oder er sei unfähig, gegen die Wagner-Truppen vorzugehen, meinten die ISW-Experten.
Staatsmedien laufen auf Hochtouren
Der Kremlchef hatte Prigoschin und seinen Wagner-Söldnern Straffreiheit zugesichert, nachdem sie den Aufstand überraschend beendet hatten. Der Präsident bot den Söldnern an, einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium zu unterschreiben, sich nach Hause oder ins benachbarte Belarus zurückzuziehen.
Die staatlich kontrollierten russischen Medien wurden nach Ansicht britischer Geheimdienstexperten vom Aufstand der Söldnertruppe Wagner überrascht. Das geht aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London am Sonntag hervor. Demnach lief das normale Programm im russischen TV einfach weiter.
Nachdem der Aufstand beendet war, versuchten die russischen Kanäle zunächst der Behauptung entgegenzutreten, Sicherheitskräfte hätten sich passiv verhalten, so die Briten. Stattdessen hätten sie versucht, das Narrativ zu bedienen, Präsident Wladimir Putin habe triumphiert, indem er die Revolte ohne Blutvergießen erfolgreich zu Ende gebracht habe.
Eine Woche später sei dann die Bedeutung Prigoschins heruntergespielt und dessen Charakter infrage gestellt worden. Kanäle Wagners im sozialen Netzwerk Telegram hingegen seien wohl auf staatliche Intervention hin verstummt. Putin habe versucht, mit öffentlichen Auftritten Stärke zu zeigen.
Wo sind die Wagner-Söldner?
Wie viele Söldner sich nun in Belarus aufhalten, ist schwer abzuschätzen. Die ISW-Experten verwiesen auf Aussagen eines Wagner-Kommandanten, nach denen die Truppen derzeit bis August im Urlaub seien. Nach Aussagen des Befehlshabers Anton Jelisarow, Kampfname Lotos, könnte der Kreml auch versuchen, die in Afrika und im Nahen Osten agierenden Söldner unter seine Kontrolle zu bringen.
Eine detaillierte Skizze des Truppenverbleibs könne noch bis zum Herbst dauern. Auch die genauen Abmachungen zwischen Putin und seinem frühere Vertrauten Prigoschin sowie weitere Folgen des schnell wieder beendeten Wagner-Aufstandes blieben weiter unklar.
„Aber die Ukraine hat schon Nutzen aus der Rebellion gezogen und kann weiter davon profitieren“, hieß es in der ISW-Analyse. Wagner sei in der Ukraine einst Russlands effektivste Kampfeinheit gewesen, werde aber wohl in der laufenden Gegenoffensive Kiews keine Rolle spielen. Auch könnten Moskaus Fähigkeiten zur Kriegsführung dauerhaft geschwächt werden.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.