Viele Eltern teilten in den Ferien ihre Beobachtungen im Restaurant, am Strand oder in den Freibädern mit der „Krone“: Anstatt die freie Zeit zu nutzen, hängen die Kids stundenlang wie Zombies am Smartphone. Sie davon abzubringen, kann kleine und größere Krisen auslösen. Immer mehr Eltern fragen sich: „Ist mein Kind eigentlich schon mehr ,phone‘ als smart?“ In unserer großen Ratgeber-Serie zeigen wir den richtigen Umgang auf und verraten mit Experten, was Mamas und Papas tun können.
„Das Erste, was unsere Kinder im Ferienhaus in Kroatien gesucht haben, war der Router“, schildert Ruth H. aus Waidhofen an der Ybbs. „Ich traute mich kaum zu sagen, dass es keinen gibt. Aber es blieb mir ja nichts anderes übrig. Da hat der Erste schon zu weinen begonnen“, sagt die Friseurin. Ihre Söhne sind neun und 14 Jahre alt, ohne Handy geht nichts mehr.
Das falle im Alltag nicht so auf wie im Urlaub. Denn der Nachwuchs sei kaum zu gemeinsamen Aktivitäten zu überreden. „Auf der Fahrt hierher war es aber praktisch. Eh klar, im Auto war Ruhe. Aber jetzt nervt es nur noch“, sagt Ruth H. Sie habe sich den ersten Familienurlaub nach der Pandemie eigentlich anders vorgestellt.
Unsere Kinder sind zunehmend online
Smartphones und Tablets sind bei den Jüngsten längst beliebter als Skateboard und Trampolin. Laut der oberösterreichischen Kinder-Medien-Studie 2020, die vom market Institut im Auftrag der Education Group durchgeführt wurde, besitzen mehr als die Hälfte der Acht- bis Zehnjährigen ein eigenes Handy oder Smartphone. Oft geht der erste Blick morgens auf das Display, nicht selten auch der letzte abends.
Eltern legen den Grundstein für diese enge „Beziehung“ zu technischen Geräten oft schon im Kleinkindalter. Denn immer häufiger werden Smartphone & Co. zum Babysitter. Schnell Wäsche aufhängen, eine Kleinigkeit kochen oder eine kurze Autofahrt - das alles geht viel ungestörter, wenn sich der Nachwuchs ein paar YouTube-Videos anschauen oder Spiele-Apps verwenden darf. Schon Knirpse, die gerade mal stehen können, hantieren geschickt mit den Handys der Erwachsenen und klicken und wischen, als hätten sie nie etwas anderes gemacht.
Ich weiß nicht, warum man einen Einjährigen vor ein Handy setzen sollte.
Sabine Kainz, klinische und Gesundheitspsychologin
Bild: Eva Schimmer
Sabine Kainz ist klinische und Gesundheitspsychologin mit Spezialisierung auf Kinder und Jugendliche. „Aus entwicklungspychologischer Sicht spricht nichts dafür, Kleinstkinder mit digitalen Medien zu beschäftigen.“ Denn die Expertin weiß: In diesem Alter verarbeiten sie stehende Bilder - dazu gehören zum Beispiel Bilderbücher, aber auch Mimik und Gestik - besser als bewegte. „Ab dem Kindergarten gewinnt das Thema Digitale Medien natürlich an Wichtigkeit, man sollte aber sehr, sehr sparsam damit umgehen.“
Das Internet ist voller Möglichkeiten, aber auch voller Gefahren. Eltern sollten diese kennen, um richtig und proaktiv agieren zu können. Lesen Sie mehr darüber: Alle Storys in der Linkbox!
„Ich halte aber auch genauso wenig davon, wenn Kinder ab dem Volksschulalter gar nicht am Handy sein dürfen - wir sind heutzutage einfach mit der Digitalisierung konfrontiert. Das ist eine Tatsache", sagt Sabine Kainz. „Was Kinder aber lernen müssen, ist, sich zu reglementieren.“ Das bedeutet: Medien bewusst konsumieren und dann auch wieder abdrehen, obwohl man vielleicht keine Lust dazu hat.
Die Regeln dürfen zwar auf Reisen oder in Ausnahmesituationen wie bei Krankheit schon mal gebrochen werden, so Sabine Kainz, denn: „Das Leben besteht nicht immer nur aus stringenten Dingen, und im Urlaub isst man ja zum Beispiel manchmal zwei Eis am Tag.“ Aber grundsätzlich müssen Eltern auch aushalten, wenn dem Kind fad ist. „Es ist wichtig, dass Kinder lernen, mit innerer Anspannung und Langeweile umzugehen“, erklärt Sabine Kainz.
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