Der Präsident der Wirtschaftskammer sieht auf das Ländle schwierige Zeiten zukommen. Heimische Unternehmen haben ihre Sorgen: Die immer noch sehr hohe Inflation oder der Fachkräftemangel sind zu einer echten Wachstumsbremse geworden.
Nun ist es nicht so, als hätte die Wirtschaft in den vergangenen Jahren nicht schon so manche Krise überstehen müssen - man denke nur an das globale Beben im Zuge der Weltfinanzkrise 2008 oder die Lockdowns während der Covid-Pandemie. Den Wirtschaftsstandort Vorarlberg konnte all dies aber nicht sonderlich erschüttern - der Exportmotor schnurrte weiter, der Binnenkonsum verharrte auf hohem Niveau.
Wenn wir den sozialen und wirtschaftlichen Wohlstand erhalten wollen, dann werden wir mehr arbeiten müssen!
WKV-Präsident Wilfried Hopfner
Mittlerweile bekommen die heimischen Unternehmen den Gegenwind aber sehr wohl zu spüren. So drückt die immer noch sehr hohe Inflation auf die Nachfrage, Investitionsvorhaben werden verschoben, zudem ist der mittlerweile chronische Fachkräftemangel zu einer echten Wachstumsbremse geworden.
verzeichnete die Vorarlberger Wirtschaft im Vorjahr. Allerdings war das Vergleichsjahr 2021 noch sehr von der Pandemie belastet. Für heuer wird mit einem Rückgang von 0,1 Prozent gerechnet.
Dabei liest sich der gestern von Wirtschaftslandesrat Marco Tittler und WKV-Präsident Wilfried Hopfner vorgestellte Wirtschaftsbericht für das Jahr 2022 gar nicht schlecht: Nach der „Corona-Delle“ wuchs die Vorarlberger Wirtschaft um exakt 5,2 Prozent, womit das Ländle leicht über dem österreichischen Schnitt von 5,0 Prozent liegt. Die Sachgüterproduktion stieg um 6,0 Prozent, die Industrieproduktion um 10,5 Prozent - nicht zuletzt, weil die internationalen Lieferketten mittlerweile wieder weitgehend störungsfrei laufen.
Erfreulich ist zudem, dass sich die Tourismuswirtschaft schneller von den Folgen der Pandemie erholt hat als ursprünglich befürchtet. Im Sommer ist das Vorkrisenniveau bereits erreicht, für den Winter gibt es noch überschaubaren Aufholbedarf. Das war es allerdings schon mit den guten Nachrichten. Wie herausfordernd die Lage ist, zeigt sich insbesondere beim Einzelhandel und der Bauwirtschaft: So wurde in Vorarlbergs Geschäften 2022 auf dem Papier zwar fünf Prozent mehr umgesetzt, rechnet man die Inflation aber mit ein, ergibt sich ein Minus von drei Prozent - und das nach den sehr flauen Pandemiejahren wohlgemerkt.
Der Wohnbau ist in einer besonders schwierigen Situation. Das liegt auch an der KIM-Verordnung, die nicht zu Vorarlberg passt.
Wirtschaftslandesrat Marco Tittler
Die fetten Jahre sind vorbei
Am eklatantesten sind die Einschnitte freilich bei der Bauwirtschaft. Viel deutet darauf hin, dass 2022 das vorerst letzte fette Jahr gewesen ist, insbesondere im privaten Wohnbau brechen die Aufträge aktuell regelrecht ein. „Der Wohnbau ist in einer besonders schwierigen Situation“, bestätigt Tittler. Als Hauptgrund für die Misere hat der Landesrat die im August 2022 in Kraft getretene KIM-Verordnung, welche die Kriterien für die Vergabe von Immobilienkrediten definiert, ausgemacht - diese passe einfach nicht zu Vorarlberg. Das sieht auch Hopfner so, der sich für eine „Außer-Kraft-Setzung für eine gewisse Zeit“ ausspricht.
im Vergleich zum Vorjahr sind im ersten Quartal dieses Jahres bei der Vorarlberger Bauwirtschaft eingegangen. Dabei ist die Talsohle noch nicht erreicht. Anderseits hat die Branche märchenhafte Jahre hinter sich.
„Maßvolles Vorgehen“ gegen „steinzeitliches Denken“
Der WKV-Boss nahm sich beim Pressefoyer generell kein Blatt vor den Mund. Er schwor die Bevölkerung auf harte Zeiten ein und appellierte an die Leistungsbereitschaft: „Wenn wir unseren sozialen und wirtschaftlichen Wohlstand erhalten wollen, dann werden wir nicht weniger, sondern mehr arbeiten müssen! Zudem brauchen wir eine qualifizierte Zuwanderung, um dem Fachkräftemangel Herr zu werden.“ Bezüglich der Lohnrunden im Herbst mahnte der frühere Chef der Vorarlberger Raiffeisenbanken ein „maßvolles Vorgehen“ aller Beteiligter ein. Von der Gewerkschaft gibt es dafür erwartungsgemäß keinen Applaus, ÖGB-Landesboss Reinhard Stemmer wirft Hopfner gar „steinzeitliches Denken“ vor.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.