Fensterbohrer-Bande

Einbrüche in Villen: Ungarn müssen ins Gefängnis

Wien
11.07.2023 18:24

Mit langen Freiheitsstrafen ist am Dienstag am Wiener Landesgericht ein seit Mitte April laufender Prozess gegen eine hochprofessionelle fünfköpfige Einbrecher-Bande zu Ende gegangen: Die unmittelbaren Täter - Profis im Alter von 43 und 54 Jahren, die auf die sogenannte Fensterbohrmethode spezialisiert sind und europaweit bereits acht bzw. sechs einschlägige Vorstrafen aufweisen - fassten nun fünf bzw. viereinhalb Jahre Haft aus - nicht rechtskräftig. 

Die aus Ungarn stammende Gruppierung hatte sich einer kriminellen Vereinigung zusammengeschlossen und arbeitsteilig organisiert, um in Nobel-Villen am Stadtrand einzudringen. Am letzten Verhandlungstag hatte die Haushälterin eines Opfers als Kronzeugin der Anklage gegen die mutmaßlichen Chefs der Bande ausgesagt. Dabei handelt es sich um ein Ehepaar im Alter von 50 und 53 Jahren. „Die zwei sind der Kopf der kriminellen Vereinigung. Lassen Sie sich nicht von ihrem Aussehen täuschen! Die beiden haben das Sagen und das Geld“, tönte Staatsanwältin Franziska Fent in ihrem Schlussvortrag in Richtung des Schöffensenats. Das Gericht folgte der Anklage, die beiden wurden jeweils zu dreieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt.

Täter beschimpft seine Rechtsvertreter
Nach der Urteilsverkündung wurden die Rechtsvertreter des Paares, die Verteidiger Philipp Wolm und Peter Philipp, vom 53-Jährigen beschimpft, worauf sie ihre Vollmacht zurücklegten. Darauf entschuldigte sich der 53-Jährige und nahm - ebenso wie seine Frau - die Strafe an. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, auch diese Urteile sind daher nicht rechtskräftig.

Kontakt mit Haushälterin aufgenommen
Die 50-Jährige hatte in einem Gefängnis eine Landsfrau kennengelernt. Als diese nach ihrer Entlassung in Wien einen Job als Haushälterin bei einer vermögenden älteren Dame annahm und auf Facebook Fotos der Villa postete, nahm die 50-Jährige wieder Kontakt zu ihr auf. Offenbar von Anfang mit dem Hintergedanken, dass in der Villa viel Geld zu holen sei, wie die ehemalige Haushälterin nun in ihrer Einvernahme als Zeugin vermutete.

Beim ersten Besuch die Laden durchwühlt
Demnach dürfte seit 2017 geplant gewesen sein, die Nobel-Villa auszuräumen, nachdem die Haushälterin das Ehepaar mehrfach zu Besuchen in ihrer Dienstwohnung in der Villa empfangen hatte. „Ich war so naiv“, schilderte die ehemalige Haushälterin dem Gericht. Schon bei einem der ersten Besuche sei der Mann plötzlich aufgestanden und habe für eine Stunde die Räumlichkeiten inspiziert: „Ich habe nicht gedacht, dass sie die Gelegenheit zur Lageerfassung nützen.“ Dann habe sie aber gehört, wie der Mann Laden öffnete und durchwühlte.

In weiterer Folge ließ sich die Haushälterin zum Mitmachen bei kriminellen Vorgängen überreden, wie sie einbekannte: „Das ist eine riesige Schande für mich.“ Bei einem späteren Besuch habe sie dem Ehepaar den Schlüsselbund der Villen-Besitzerin zum Nachmachen diverser Schlüssel übergeben. Den Schlüssel zu einem Safe in der Waschküche habe sie ihnen sogar „zu meiner großen Schande“ überlassen, worauf der Mann diesen sogleich ausgeräumt und dabei Goldmünzen und Bargeld erbeutet habe. Das Geld habe man durch drei geteilt: „Ich habe weniger als 1000 Euro bekommen.“

79-Jährige gefesselt und liegen gelassen
Mit den nachgemachten Schüsseln drangen dann später die beiden einschlägig vorbestraften Profi-Einbrecher nächtens in die Villa ein. Die 79 Jahre alte Besitzerin hörte die Eindringlinge aus dem Zimmer, in dem sich ihr großer Tresor befand, und zog sich nicht zurück. „Sie ist total mutig. Sie geht in den Raum, wo die beiden Männer sind“, schilderte die Staatsanwältin. Die 79-Jährige wurde von den beiden vermummten Männern gefesselt und nach dem Code gefragt. Nachdem sie den Tresor leegeräumt hatten, ließen die beiden die mit einem Kabel und einem Tuch gefesselte ältere Dame einfach liegen. Dieses Anklagefaktum hatte die Staatsanwaltschaft als schweren Raub und Freiheitsentziehung qualifiziert, erbeutet wurde laut Anklage Schmuck im Wert von mehreren 100.000 Euro.

Während sich das Ehepaar vor Gericht „nicht schuldig“ bekannte, waren die unmittelbaren Täter geständig. Das galt auch für den Fünftangeklagten, einen 28-jährigen Mann, der als Chauffeur fungiert hatte. Der bisher Unbescholtene erhielt drei Jahre Haft, davon ein Jahr unbedingt, was er akzeptierte. Die Staatsanwältin behielt sich demgegenüber eine Rechtsmittelerklärung vor.

Haushälterin suchte Kronzeugenstatus an
Die ehemalige Haushälterin hatte sich von sich aus an die Strafverfolgungsbehörden gewandt und um Kronzeugenstatus angesucht, den sie auch zugestanden bekam, nachdem sie umfassend gegen das Ehepaar ausgepackt hatte. „Ansonsten würde sie heute mit ihnen auf der Anklagebank sitzen“, betonte die Staatsanwältin.

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