Trainer Thomas Silberberger ist der Marathonmann. Wenn seine WSG Tirol am Freitag, den 21. Juli, im Cup bei Viertligist Bad Schallerbach in die Saison startet, blickt er seiner elften in Diensten der Wattener entgegen. Damit ist der 50-Jährige in Österreich allein auf weiter Flur, auch international gehört er einem exklusiven Kreis an.
Mit Atletico Madrids Diego Simeone und Freiburgs Christian Streich, die beide seit Winter 2010/11 amtieren, und Heidenheims Frank Schmidt (seit 2007) gibt es in den Top-Ten-Ligen Europas nur drei Trainer, die auf eine noch längere Amtszeit verweisen können als Silberberger. Eine vom Internationalen Zentrum für Sportstudien (CIES) mit 1. März 2022 erstellte Liste, wies im weltweiten Profifußball (126 Ligen in 89 Ländern wurden untersucht) 17 Coaches auf, die länger als Silberberger im Amt waren.
Internationales Ranking
Angeführt wurde das Ranking vom südafrikanischen Unikum Jomo Sono, der aktuell 29 Jahre lang Jomo Cosmos aus Johannesburg trainiert. Sono, in Personalunion auch Präsident und Sportdirektor, stieg mit seiner One-Man-Show allerdings in die dritte südafrikanische Liga ab, die Liste hat sich generell gelichtet. Silberberger gehört nun jedenfalls einem Club an, der kaum mehr als zehn Mitglieder umfasst.
„Auf der fachlichen Ebene gibt es so viele gute Trainer, da hebe ich mich sicher nicht ab. Sozialkompetenz ist ein großer Punkt“, sagte Silberberger über sein vermeintlich größtes Plus. „Das kannst du nicht lernen, ich habe es von daheim mitgekriegt. Wenn du dich da verstellen musst, scheiterst du grandios.“ Ferdinand Oswald sieht es nach neun Jahren an der Seite Silberbergers ähnlich. „Er kann sich extrem gut auf Spieler einstellen“, meinte der derzeit rekonvaleszente Tormann. „Er ist geradlinig. Das zeichnet ihn aus. Jeder weiß relativ schnell, woran er ist. Und er gibt Spieler nach zwei schlechten Partien nicht auf. Außerhalb des Platzes kannst du viel Spaß mit ihm haben, er kann aber auch unangenehm werden“, erklärte der 32-Jährige, der nach einer Bandscheiben-Operation wohl erst im Winter wieder angreifen wird.
„Er erfindet sich ständig neu“, beschrieb WSG-Präsidentin Diana Langes-Swarovski in der „TT“ eine andere Stärke des ehemaligen Bundesligakickers (80 Partien für FC Tirol, GAK, A. Salzburg). Aufgrund der beachtlichen jährlichen Spielerfluktuation und den unterschiedlichen Ausgangslagen in drei verschiedenen Leistungsstufen seit Amtsantritt 2013 ist Silberberger zu ständigen Anpassungen gezwungen. „Ich musste schon alle Facetten bedienen - vom Titelfavoriten in der Regionalliga bis zum Abstiegskandidaten in der Bundesliga.“
„Diese Personen sind das Gesicht des Vereins“
Mit einer Ausnahme löste Silberberger die Aufgaben stets, 2019/20 wurde die WSG durch den Mattersburg-Konkurs gerettet. Auch das „überlebte“ er - ähnlich wie Freiburgs Streich den Abstieg 2015. Silberberger ist Teil des Wattener Dreigestirns. Er, Langes-Swarovski und Sportdirektor Stefan Köck stiegen 2013 innerhalb weniger Monate beim Club ein. „Wir haben gemeinsam vor zehn Jahren angefangen. Diese Personen sind das Gesicht des Vereins“, meint Silberberger.
Auch wenn es aktuell kein Ablaufdatum gibt, will Silberberger, der davor nur den FC Kufstein coachte, gewisse Ambitionen auf höhere Weihen nicht verhehlen. „Ich verfolge keine Karriereleiter, aber natürlich reizt mich etwas anderes auch noch“, sagte er. „Aber - und das ist auch der Fluch des Langzeitengagements - ich bin nie am Markt. Da müsste ich aktiv werden. Und mit Gewalt werde ich das nicht machen. Ich bin dem Verein sehr dankbar. Ich kann hier gestalten, es sind extrem kurze Wege.“
Was immer auch kommt. Als Rückzugsort steht Silberberger der heimatliche Bauernhof seiner Eltern stets offen. Die landwirtschaftlichen Flächen seien derzeit zwar zum Großteil verpachtet, „ich kann mir aber vorstellen, dass ich das einmal aktiviere“, wagte er eine Vorschau auf die Fußballpension. Zum Frustabbau taugt der Wald allemal: „Manchmal muss ich einen Baum umschneiden.“
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