Streit, dann Gesetz
„Green Deal“: So will die EU jetzt Natur retten
Nach einem heftigen politischen Schlagabtausch hat das EU-Parlament am Mittwoch seine Position zu dem weitreichenden Umweltgesetz zur Wiederherstellung der Natur beschlossen. Für das sogenannte Renaturierungsgesetz stimmten 336 EU-Abgeordnete, dagegen waren 300. Mit dem Ergebnis können die Verhandlungen mit den EU-Staaten für den finalen Gesetzestext beginnen.
Der Abstimmung war ein heftiger politischer Schlagabtausch vorausgegangen. Vor allem die Europäische Volkspartei (EVP), darunter die ÖVP, wetterte gegen das Vorhaben. Sozialdemokraten, Grüne und Teile der Liberalen warben hingegen dafür. Auch äußerten Tausende Wissenschaftler, Umweltschutzorganisationen und teils sogar große Konzerne wie IKEA ihre Unterstützung.
Zentraler Teil des „Green Deal“
Das Gesetz ist ein zentraler Teil des umfassenden Klimaschutzpakets „Green Deal“, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden soll. Es zielt darauf ab, Ökosysteme vor dem Kollaps zu retten, indem etwa trockengelegte Moore wieder vernässt und Wälder aufgeforstet werden sollen. Ein weiteres Ziel: mehr Grün auch in Städten.
Die Kernpunkte des Renaturierungsgesetzes:
- EU-Mitgliedsländer werden verpflichtet, innerhalb von zwei Jahren ihre Renaturierungspläne der EU-Kommission vorzulegen.
- Ziel ist es, bis 2030 eine Renaturierung in 20 Prozent der betroffenen Landschaften und Ökosysteme auf EU-Gebiet zu starten, bis 2050 sollen dann alle betroffenen Ökosysteme aufgeforstet werden.
- In urbanen Räumen soll die Versiegelung von Grünflächen ab 2030 gestoppt werden. Zwischen 2040 und 2050 will man eine Zunahme der Grünflächen in urbanen Gebieten erreichen.
- Die Zahl der blütenbestäubenden Insekten soll großflächig überwacht und schrittweise erhöht werden. Dazu sollen spezielle Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
- In der Landwirtschaft sollen nachhaltiger und vielfältiger Anbau gefördert werden. Trocken gelegte Moore sollen schrittweise wieder geflutet werden, allerdings mit Rücksichtnahme auf die landwirtschaftliche Nutzung.
- Auch die Lebensräume im Meer sollen schrittweise wieder an ihre eigentlichen Bewohner angepasst werden, Überfischung und die massive Verschmutzung sollen eingedämmt werden, außerdem sollen mehr Naturschutzgebiete geschaffen werden.
- Selbiges gilt auch für Flusslandschaften und -gebiete, hier soll die Artenvielfalt gefördert und schädliche Regulierungsmaßnahmen verhindert werden.
Video: Die March-Auen als Beispiel für gelungene Renaturierung in Österreich
WWF sieht „Meilenstein“
Der WWF begrüßte am Mittwoch in einer Aussendung die Annahme des Gesetzes. „Auch wenn der Gesetzesvorschlag geschwächt wurde, ist das ein Meilenstein. Die Wiederherstellung der Natur ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Generation. Jetzt müssen sich Rat, Parlament und Kommission auf einen finalen und ambitionierten Text einigen, damit die Wiederherstellung der Natur beginnen kann“, sagt WWF-Biodiversitätssprecher Joschka Brangs.
Gewessler sieht „wichtigen Schritt“
Auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat das Votum des EU-Parlaments für ein EU-Renaturierungsgesetz begrüßt. „Das EU-Gesetz zur Renaturierung ist ein wichtiger Schritt zum Schutz unserer Umwelt. Es sorgt dafür, dass wir der Natur wieder Platz zum Entfalten zurückgeben und darauf achten, dass wir nicht immer mehr Flächen zerstören und zubetonieren, sondern sie schützen“, so Gwessler. Sie zeigt sich zuversichtlich, dass man in den bevorstehenden Verhandlungen zwischen EU-Parlament, EU-Rat und EU-Kommission zu einem raschen Abschluss komme.
Denn die Natur steht europaweit massiv unter Druck: So sind in Österreich mehr als 80 Prozent der FFH-geschützten Arten und Lebensräume in keinem günstigen Erhaltungszustand. Der Flächenverbrauch liegt mit zwölf Hektar pro Tag um fast das Fünffache über dem „Nachhaltigkeitsziel“ von 2,5 Hektar pro Tag. Nur noch 14 Prozent der heimischen Flüsse sind in einem guten ökologischen Zustand, 90 Prozent der ursprünglichen Moorfläche sind bereits zerstört.
„Daher braucht es dringend europaweit akkordierte, verbindliche Ziele und Maßnahmen. Insgesamt profitiert davon nicht nur die Umwelt, sondern auch die Wirtschaft, die Landwirtschaft und unsere gesamte Gesellschaft“, so Brangs.
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