Druck auf Politik

Wie Kinderbetreuung Fachkräfte bringt

Politik
17.07.2023 06:00

Arbeitnehmer und Industrie sind oft Gegenspieler, bei Kindergarten und Schule ziehen sie an einem Strang.

In seltener Einigkeit machen Arbeitnehmer und Industrie Druck auf die Politik, endlich die Kinderbetreuung auszubauen. „Österreich ist Europameister beim Verfehlen der Ziele in der Kleinkindbetreuung“, kritisiert AK-Präsidentin Renate Anderl gegenüber der „Krone“. Seit Einführung des Barcelona-Ziels 2002 (33 Prozent der Unter-3-Jährigen in Betreuung) hat Österreich diese Marke nie erreicht. Und beim neuen Ziel von 50 Prozent habe man sich sogar herausreklamiert. „Damit nicht genug, zählt Österreich innerhalb der EU auch zu den Ländern mit den längsten Karenzunterbrechungen.“

„Herdprämie“ macht die Lage noch schlimmer
Anderl warnt davor, dass sich dieser Zustand weiter verschlimmert, da Niederösterreich und Salzburg auf Betreiben der mitregierenden FPÖ auf finanzielle Anreize für Kinderbetreuung zu Hause (Stichwort: „Herdprämie“) setzen. Aktuell sind bis zum zweiten Geburtstag des Kindes nicht einmal zwei Drittel der zuvor erwerbstätigen Frauen wieder berufstätig.

(Bild: KRONE Kreativ)

Väterbeteiligung geht wieder zurück
Dazu kommt, dass die Väterbeteiligung weiter zurückgeht. Nur rund 14 Prozent der Männer bezogen zuletzt Kinderbetreuungsgeld. Das bedeutet einen Rückgang auf das Niveau des Jahres 2012. Unterstützung bekommt die AK von der Industriellenvereinigung. „In Zeiten des akuten Arbeits- und Fachkräftemangels müssen wir uns besonders bemühen, mehr Frauen von Teilzeit- für die Vollzeitbeschäftigung zu gewinnen. Die Gründe für die hohe Teilzeitquote sind – insbesondere bei Frauen – nach wie vor zumeist die fehlenden Kinderbetreuungsplätze und zu kurze Öffnungszeiten“, fordert auch IV-Präsident Georg Knill einen Ausbau der Kinderbetreuung. Und er verlangt nicht nur eine flächendeckende, sondern auch eine qualitativ hochwertige Betreuung.

Elementarpädagogik besonders wichtig
Eine hochwertige Elementarpädagogik sei die Grundlage für die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Arbeits- und Fachkräfte, bestätigt Knill die Expertise von Buchautor Andreas Salcher, die dieser im „Krone“-Interview am Wochenende geäußert hat. Von der Politik kommen zumindest Lippenbekenntnisse. Der Arbeitskräftemangel sei aktuell eines der wichtigsten Themen, so Arbeitsminister Martin Kocher. Um gegenzusteuern, habe man die Rot-Weiß-Rot-Karte reformiert. „Wir müssen jedoch auch das inländische Arbeitskräftepotential heben und die Kinderbetreuung ausbauen.“

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