In langen Reihen stehen sie auf der Brücke über den Bosporus. Ein eisiger Wind bläst den Anglern ins Gesicht, und der Nebel ist bisweilen so dicht, dass die Moscheen am Horizont gefrieren. Triumphierend hält mir der eine einen Cinekop, einen Blaufisch, hin. Der andere präsentiert stolz rund ein Dutzend Doraden. "Guter Fisch", ruft der alte Mann am Bosporus mir, dem Fliegenfischer aus dem niederösterreichischen Pielachtal, zu. Dann verweht ein neuerlicher Windstoß die Wortfetzen. Es ist Winter in Istanbul. Und dennoch gilt dieser kalt-kühle Tag zwischen Asien und Europa eher als Ausnahme denn Regel. Denn das Frühjahr hält dann recht früh im Jahr Einzug in die pulsierende Metropole zwischen Asien und Europa. Und dann ist auch die Zeit der großen Fischzüge gekommen. Doch jetzt fegt ein eisiger Wind von Asien UND Europa her!
Mein Freund und treuer Reisebegleiter Karl zieht seinen Columbo-Staubmantel noch fester an sich. Ständig und immer ist er auf Suche nach Stoff für seinen zu Papier gebrachten Lebenstraum – und der ist ein Kriminalroman mit seinem Lieblingsdetektiv Mark Hackett! "Hier lasse ich ihn in die U-Bahn einsteigen", murmelt der renommierte Wiener Autor. Das Ruckeln der historischen Tünel-Bahn lässt den liebenswerten Globetrotter aus seinen Tagträumen rund um Arsene Lupin, Sherlock Holmes und eben seinen Mark Hackett aufschrecken. Sie ist nach der weltberühmten London Underground die zweitälteste der Welt. 15.000 Passagiere steigen hier täglich ein und aus, suchen und finden mithilfe dieser Verbindung den prachtvollen Taksim-Platz, bummeln vorher oder nachher die wunderschöne Istikal-Glamour-Fußgängerzone hinunter.
Der Basar: Kulinarische Schnittstelle zweier Kontinente
Später dann verschwinden wir im Misir Carsisi Spice Bazaar, auch ägyptischer Basar genannt. Seit Hunderten von Jahren treffen hier Spezereien, Naschwerk und vor allem Kaviar aus Persien auf die Schnittstelle zweier Kontinente. Ein Architekt namens Mustafa hat das endlose Gewirr an kleinen Gewölben, großen Gassen und verschlungenen Pfaden im Jahr 1660 fertiggestellt. Nichts, außer der Beleuchtung, hat sich geändert. Nicht die Atmosphäre und nicht das Buhlen der Händler um die Gunst der Kunden, die es heutzutage vornehmlich aus dem touristischen Milieu hierher verschlägt. Auch auf diesem Umschlagplatz der exotischen Waren werden in langen Reihen die Früchte des Meeres, Hamsi (Sardellen) oder Fener (Seeteufel), angeboten.
Von den Fischeiern aus dem Iran (angeblich beste Qualität und nachhaltig gefangen) lässt der Autor dieser Zeilen ob seines Öko-Gewissens als Umweltredakteur im wahrsten Sinne des Wortes dennoch die Finger. Auch Romanschreiber Karl R. interessiert sich mehr für die Verschlungenheit des Bazars denn für Spezialitäten wie Safran auch aus Persien. Im Geiste sieht er seinen Helden Rifkin schon im orientalischen Milieu und ihn mindestens so pointiert und beflissen wie Hercule Poirot in Agatha Christie's "Murder on the Orient Express" ermitteln.
Karl R., Mark P. und Mark Hackett verschlägt es an diesem Tag noch in die Blaue Moschee. Über drei Stufen steigt hier die Kuppel in den Himmel. Sie ist eine der wenigen islamischen Gotteshäuser der Welt mit sechs Minaretten. Wunderschön auch die Hagia Sophia: Sie scheint förmlich über der Altstadt von Istanbul zu hocken! Ihre Geschichte ist wechselvoll wie die Weltreligionen: christliches Gotteshaus, 500 Jahre lang Moschee und seit 1935 Museum. Mark Hackett wird in ihrem geografischen Umfeld ermitteln. So viel steht für Karl, den Fantasiereichen, fest, ehe wir im pulsierenden Nachtleben untertauchen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.