Der Rechnungshof wies in seinem Ende April veröffentlichten Prüfbericht auf Schwachstellen der Bildungskarenz hin. Nun drängt Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) auf eine Reform in diesem Bereich und stößt bei der Arbeiterkammer auf großes Interesse.
Geht es nach der Interessensvertretung, sollte die Bildungskarenz auch verstärkt weniger qualifizierten Menschen eine Chance bieten. Ein Hebel bestehe dafür vor allem in der Erhöhung des Weiterbildungsgeldes, so die Leiterin Arbeitsmarkt und Integration bei der AK Wien, Silvia Hofbauer, im ORF-Radio. Der Rechnungshof-Kritik schließt sie sich allerdings nicht vollumfänglich an.
Von Frauen an Elternkarenz angeschlossen
Der RH kritisierte nämlich, dass die Bildungskarenz häufig von Personen mit bereits hohem Bildungsniveau genutzt und zunehmend von Frauen an die Elternkarenz angeschlossen werde. Die zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung seien gering und könnten für mit öffentlichen Mitteln finanzierte Auszeiten genutzt werden. Zudem habe sich die Position am Arbeitsmarkt nach der Bildungskarenz in vielen Fällen nicht verbessert.
Dass die Anforderungen pauschal zu gering sind, sieht Hofbauer nicht. In vielen Fällen sei das Stundenausmaß der Schulungen durchaus erheblich. Außerdem könne man die Frage, ob lediglich privates Interesse oder eine arbeitsmarktbezogene Weiterbildung vorliegt, nur individuell bewerten. Zur Kritik an der Verlängerung der Elternkarenz via Bildungskarenz, sagte Hofbauer, dass vielen Frauen aufgrund des Mangels an Kinderbetreuungseinrichtungen keine andere Möglichkeit hätten. Man müssen Frauen dabei unterstützen, nicht in diese Lage zu kommen, so Hofbauer am Montag im Ö1-„Mittagsjournal“.
Grüne signalisieren Gesprächsbereitschaft
Im APA-Interview hatte der Minister zuvor angekündigt, die Bildungskarenz reformieren zu wollen. „Ich halte es für ein gutes Instrument. Vielleicht kann man es aber noch besser machen“, sagte er. Der grüne Koalitionspartner signalisierte im „Kurier“ und im „Standard“ am Montag Gesprächsbereitschaft, für Einschränkungen stehe man aber nicht zur Verfügung.
Die Möglichkeit zur Bildungskarenz gibt es seit Jänner 1998. Unselbstständig Beschäftigte können sich zur Aus- und Weiterbildung zwei Monate bis zwölf Monate freistellen lassen. In der Zeit der Karenzierung gibt es ein Weiterbildungsgeld, das dem Arbeitslosengeld entspricht, grundsätzlich 55 Prozent des vorangegangenen Nettoeinkommens. Während der Bildungskarenz ist nebenbei eine geringfügige Beschäftigung bis maximal 500,91 Euro monatlich erlaubt. Der Arbeitgeber muss der Bildungskarenz aber zustimmen, es besteht kein Rechtsanspruch. Im Zeitraum der Bildungskarenz besteht kein gesetzlicher Kündigungsschutz. Seit die vorausgesetzte Vor-Beschäftigungszeit von drei Jahren auf ein halbes Jahr reduziert wurde, ist die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher stark gestiegen.
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