Abkommen gescheitert

Hierzulande kein Bedarf an mehr Ukraine-Getreide

Österreich
18.07.2023 09:11

Das Ende des russisch-ukrainischen Getreideabkommens sorgt diesmal unter hiesigen Agrar- und Nahrungsindustrie-Vertretern für weniger Nervosität. „Natürlich sind gewisse, aber abgeschwächte Auswirkungen zu erwarten. Wir glauben nicht an einen Sturm, auch wenn es etwas rauscht“, sagt Goodmills-Manager Peter Stallberger.

„Die Ukraine hat in kleinen Schritten alternative Logistikwege erschlossen“, so Stallberger. Er ist Geschäftsführer bei Goodmills Österreich, das zur Leipnik-Lundenburger Invest gehört. Es könne mehr als noch vor einiger Zeit via Flussschifffahrt, Lkw und Eisenbahn ausgeführt werden. „Vor einem Jahr war praktisch noch keine andere Infrastruktur vorhanden. Die Abhängigkeit, nur übers Schwarzmeer auszuführen, wurde sicher reduziert.“ Beispielsweise verstärkte ja die ÖBB Rail Cargo nach dem russischen Angriff die Getreidetransporte aus der Ukraine.

Bauern in Westeuropa in Sorge
Genau vor mehr Weizenimporten aus der Ukraine haben Getreidebauern im westlicheren Europa Sorge, in Polen war es bereits zu Protesten gekommen. „Wir beobachten die Situation genau, die Entwicklung auf den Märkten ist natürlich hochinteressant für unsere Bauern“, sagt dazu wiederum der Generalsekretär der Landwirtschaftskammer (LKÖ), Ferdinand Lembacher. „Dass Getreide aus der Ukraine nach Westeuropa umgeleitet wird, ist nicht in unserem Interesse.“ Es dürfte aber viel Getreide in der Ukraine „liegen bleiben“.

Das Ende des russisch-ukrainischen Getreideabkommens sorgt unter hiesigen Agrar- und Nahrungsindustrie-Vertretern für weniger Nervosität. (Bild: AFP)
Das Ende des russisch-ukrainischen Getreideabkommens sorgt unter hiesigen Agrar- und Nahrungsindustrie-Vertretern für weniger Nervosität.

Denn die Riesenvolumina, die beginnend übers Schwarze Meer nach Afrika und den arabischen Raum aus der Ukraine erreichten, sind auf alternative Wege nicht exportierbar, hieß es von beiden Fachleuten. Da das Auslaufen des Abkommens laut Stallberger nicht überraschend kommt, sei dies „vom Weltmarkt zum Teil wohl auch schon eingepreist“.

Gute Ernteerwartung in Europa - und Österreich
Aus Sicht des Mühlenmanagers „helfen in Summe auch gute Ernteerwartungen in vielen europäischen Staaten“. Dazu gehört Österreich genauso wie etwa Frankreich oder Ungarn. Voriges Jahr habe man wegen der großen Trockenheit mehr gebangt. „So sind alle in Summe etwas gelassen im Vergleich zu Zeiten mit Dürre und drohenden Minderernten.“ Goodmills (Farina, Fini‘s Feinstes) betreibt etwa in Schwechat bei Wien Österreichs größte Mühle und verarbeitet jährlich insgesamt rund 200.000 Tonnen Weizen, laut Stallberger nur aus der Alpenrepublik. „Wenn Preissprünge am Weltmarkt passieren sollten, dann sind wir kalkulatorisch und preislich natürlich dabei, da die Preisbildung global erfolgt.“

Hoffen auf Einlenken
LKÖ-Generalsekretär Lembacher hofft ein wenig darauf, dass sich die Ukraine doch noch mit Russland einigen könnte, um einen neuen Pakt zu finden oder den bisherigen weiterzuführen. Auch wurde am Montag noch bekannt, dass Kiew trotz fehlender Sicherheitsgarantien eine alleinige Fortsetzung durchziehen will. „Sogar ohne Russland muss man alles tun, damit wir diesen Schwarzmeerkorridor nutzen können“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag. Selenskyj zufolge seien Schiffseigner bereit, ukrainische Häfen für Getreidelieferungen anzulaufen. Das Abkommen zwischen der Ukraine, der Türkei und der UNO sei auch ohne Moskau weiter in Kraft.

Jedenfalls erwartete Lembacher, „dass das Ende des Abkommens für Europa kurzfristig keine substanziellen Auswirkungen haben wird“. In Ländern, in die das ukrainische Getreide bisher vor allem ging - in Afrika und dem arabischen Raum - seien sehr wohl Auswirkungen zu erwarten. „Dort hat aber offenbar Russland sehr offensiv bereits Getreide in den Markt gebracht“, verwies Lembacher auf die russische Rekordernte des Vorjahres.

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