Prozess in Graz

Messer-Mord an Imbissstand: 18 Jahre Haft

Steiermark
19.07.2023 14:25

Vergangenen Sommer starb ein Weißrusse in Graz nach einem Messerstich ins Herz. Ein Tschetschene hat ihn im Volksgarten nach einem Streit niedergestochen. Nach dem Prozessauftakt Mitte Juni fiel nun ein Urteil: 18 Jahre Haft und Einweisung (nicht rechtskräftig). Der Angeklagte blieb bis zuletzt bei seiner Notwehr-Variante. 

Im Juli 2022 soll ein 56-jähriger Tschetschene an einem Imbissstand im Grazer Volksgarten einen 31-jährigen Weissrussen mit einem Jausenmesser niedergestochen haben. Der Tat war ein Streit vorangegangen. Das Opfer erlag seinen schweren Verletzungen - der Stich war direkt ins Herz gegangen - gut einen Monat später im Krankenhaus. 

Am Mittwoch wurde der Prozess nach Auftakt vor rund einem Monat fortgesetzt. Der Angeklagte zeigte sich nicht schuldig, er blieb bis zuletzt dabei, dass es Notwehr gewesen sei.

Im Streit flogen die Stühle
Der beschuldigte Tschetschene soll vom späteren Opfer angeblich ohne Grund mit einem Sessel attackiert worden sein. Der Angeklagte fiel um, stand aber gleich wieder auf. Daraufhin soll der Angreifer einen anderen Stuhl ergriffen und diesen wieder in seine Richtung geschwungen haben. Also nahm er ein Messer vom Tisch und wollte den anderen „nur stoppen“. Doch dieser sei ihm seinen Angaben zufolge ins Messer gestolpert und der Stich ging mitten ins Herz.

Der Schwerverletzte ging noch ein paar Schritte, bevor er auf der Straße zusammenbrach. Der Notarzt öffnete an Ort und Stelle den Brustkorb, um die Blutung zu stillen. Eine Notoperation rettete den Mann aus Belarus zunächst, doch es kamen Komplikationen hinzu: Die Vorderfüße mussten amputiert werden, in der Lunge wurde ein Schimmelbefall festgestellt. 33 Tage nach dem Vorfall starb das Opfer.

„Dachte nicht, dass Messer so weit hineingeht“
„Ich möchte jetzt die Wahrheit sagen“, begann der 56-Jährige am zweiten Verhandlungstag. Doch sehr viel unterschied sich die neue Version nicht von der alten. Immerhin gab er zu, zugestochen zu haben, aber „ich hab nicht gedacht, dass das Messer so tief hineingeht“. Und „ich wollte nur, dass er aufhört, mich zu schlagen“, rechtfertigte sich der Beschuldigte.

Die Gerichtsmedizinerin hielt die Stolper-Geschichte für „vollkommen ausgeschlossen“. Es habe sich um „eine gezielte Stichverletzung“ gehandelt, war die Sachverständige überzeugt. Dass der Angeklagte Alkohol und Cannabis konsumiert hatte, stand außer Frage. Gerichtspsychiater Manfred Walzl bescheinigte dem 56-Jährigen eine „kombinierte Persönlichkeitsstörung“ und „mangelnde Impulskontrolle“. Zusammen mit der „mittelgradigen Berauschung“ führte das zu einer verminderten Zurechnungsfähigkeit. Der Sachverständige empfahl dringend die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum, da der Beschuldigte „mit großer Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zukunft neuerlich schwere Taten“ begehen würde.

Angeklagter blieb bei Notwehr-Variante
Staatsanwältin Reingard Wagner war überzeugt, dass „die Notwehrsituation nachträglich konstruiert worden ist“. Verteidiger Martin Robier betonte, sein Mandant habe „alles genauso gesagt, wie es war“ und blieb bei der Notwehr-Variante. „Ich bin kein Mörder“, beteuerte der Tschetschene in seinem Schlusswort.

Die Geschworenen befanden nach kurzer Beratungszeit mit acht zu null Stimmen, dass es sich um Mord gehandelt habe. Auch die Entscheidung für die Einweisung fiel einstimmig, dazu verfügte der Senat noch eine Haftstrafe von 18 Jahren. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Porträt von Steirerkrone
Steirerkrone
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