Eintauchen in eine andere Welt, in die Welt der Magie: In Togo und Benin sind Geister, Fetische sowie spirituelle Riten allgegenwärtig. Das hinterlässt auch bei den Besuchern Spuren.
Der Rhythmus der Trommeln ist unwiderstehlich, rasant drehen sich die Tänzer im Kreis, werfen sich auf den Boden, springen wieder auf, rennen rastlos von links nach rechts und wirbeln sich und ihre geweihten Strohröcke unter mitreißendem Gesang und Klatschen herum. Dass es bei dieser Voodoo-Zeremonie am Rande der togolesischen Hauptstadt Lomé durchaus auch noch wilder zugehen kann, davon zeugen die zahlreichen Narben auf den Oberarmen der Frauen und Männer.
Selbst zugefügt, mit einem großen Buschmesser. Doch sie spüren den Schmerz nicht, sie sind in Trance. Schließlich geht es darum, den allmächtigen Kriegsgott Kokou zu besänftigen und ihn um Schutz für das Dorf zu bitten. Dass die Einwohner ihre uralten Riten mit dem neuesten Smartphone filmen, tut der Tradition keinen Abbruch – und es scheint auch Kokou nicht zu stören.
Der Preis für den Fetisch wird ausgewürfelt
Wir befinden uns in der Wiege des Voodoo, da ist es nur selbstverständlich, dass man auch etwas für das eigene Schicksal unternimmt. Auf dem Fetischmarkt in einem Vorort von Lomé, der als größter Voodoo-Markt der Welt gilt, findet sich alles, was man dafür braucht oder vielleicht brauchen kann. Affenschädel, Krokodilsschädel, verschiedenste Tierfüße, getrocknete Schlangen- und sonstige Häute, Puppen, Amulette und noch viel Bizarres.
Sofort ist klar: Wer spirituellen Beistand sucht, darf olfaktorisch nicht empfindlich sein. Die getrockneten Tierteile verströmen einen strengen Geruch. Voodoo-Puppen, in die man Nadeln steckt, um einem Feind zu schaden, sucht man hier vergeblich. Diese schwarze Magie hat mit Voodoo nichts zu tun, erklären uns die Verkäufer, es geht vielmehr um Positives, um Heilung und ums Beschützen.
Und so begeben wir uns zu einem Voodoo-Priester, der ein mächtiges lila-weiß-schwarzes Gewand und ein dazu passendes Stofftuch auf dem Kopf trägt, in eine kleine Hütte, in der es - eigentlich unvorstellbar - sogar noch heißer ist als draußen. Er präsentiert uns mehrere Fetische - für das Reisen, für das Glück, für die Liebe, für guten Schlaf.
Jener für die Potenz ist ein kleiner krummer Holzstab. „Togo-Viagra“, erklärt der Übersetzer. Was das kostet? Das lässt sich so leicht nicht sagen. Der Preis wird ausgewürfelt, der Priester nimmt mehrere kleinere Knochen in die Hand, schüttelt diese und wirft sie auf den Boden. Schon haben wir den Preis für den Fetisch, der uns ab nun vor dem Bösen bewahren soll.
Voodoo ist keine einfache Religion, es gibt viele Regeln, viele Rituale, viele Entbehrungen, heilige Zahlen, und es wird an sehr viel geglaubt. Als wir anzweifeln, dass auserwählte Kinder, so wie es erzählt wird, schon mit geflochtenen Haaren auf die Welt kommen, schüttelt man über uns Ungläubige einfach nur den Kopf.
Togoville: eine Audienz beim König
Mit leeren Händen geht man nicht zu einem König, davon zeugt der volle Gabentisch im Haus von Mlapa VI, ein direkter Nachkomme des Regenten, der 1884 mit Deutschland einen Schutzvertrag unterzeichnet hat. Der Ort Togoville am Togosee ist auch für die katholische Kirche bedeutsam: Angeblich war den Bewohnern im Jahr 1973 die Heilige Jungfrau mitten auf dem See in einer Piroge erschienen.
Papst Johannes Paul II. reiste 1985 hierher, der lange Holzsteg, der eigens für den Pontifex gebaut wurde, zeugt noch von dem hohen Besuch. Heute empfängt der König Gäste in seinem Wohnzimmer, bereitwillig setzt er sich die Krone auf und nimmt auf dem Thron Platz. An der Wand hängen Bilder, die von zahlreichen Aktivitäten in den vergangenen Jahren zeugen.
RUNDREISE 14 Tage magisches Westafrika: Ghana, Togo, Benin mit Raiffeisen Reisen
2020, 2021. Da stand doch die ganze Welt still wegen Corona. Ja, von Covid habe er gehört, meint der König, man habe es hier vorhergesehen, niemand sei krank geworden. Er habe nur nicht gewusst, dass es die ganze Welt treffen würde, sonst hätte er natürlich alle gewarnt.
Sklavenhäuser erzählen grausame Geschichte
Die unterhaltsame Reise hat auch ihre ernsten, traurigen und erschütternden Seiten: Sie führt teils entlang der ehemaligen Sklavenroute, die eine grausame Geschichte erzählt. Darüber, wie die Menschen in Kellern, wo sie sich nur kriechend fortbewegen konnten, gehalten wurden, wie sie gefoltert und schließlich auf Schiffe gebracht wurden. Schätzungen zufolge wurden zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert rund 12 Millionen Afrikanerinnen und Afrikaner nach Amerika verschleppt. Die Küstenstadt Ouidah in Benin war das Zentrum des Menschenhandels in der Region.
Sehr ursprünglich geht es in dem kleinen Dorf Adamé am Fluss Mono an der Grenze zwischen Togo und Benin zu. Die Fahrt dorthin im Boot führt vorbei an wunderschöner, unberührter Natur, an Palmen und einem unendlich dichten Grün. Stolz führen die Bewohner vor, wie sie den traditionellen Palmenschnaps brennen – Mutige können gleich einen Schluck davon probieren.
Generell braucht es hier im magischen Westafrika mitunter ein bisschen Überwindung und Abenteuerlust. Vor allem für Frauen ist es unterwegs eine echte Herausforderung, wenn man dringend eine Toilette braucht. Und auch kulinarisch gibt es so manches Unerwartete: etwa Aguti, Nagetiere, ähnlich dem Meerschweinchen, nur etwas größer und langbeiniger.
In der Zubereitung sind die Köche wenig zimperlich, es kann schon passieren, dass mitten aus dem Teller eine Aguti-Klaue herausragt. Aber keine Sorge: Niemand ist verärgert, wenn man diese Spezialität auslässt.
Auch die Geister sind deshalb nicht aufgebracht – und mit denen will man es sich nicht verscherzen. Der Reisefetisch vom Markt bei Lomé ist seither immer mit im Gepäck.
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