In der Messehalle im oberösterreichischen Freistadt wurde ein Theaterstück am Puls der Zeit aus der Taufe gehoben. Ulf Dückelmanns „Der verlorene Sohn“ skizziert eine Gesellschaft am Ende des Kapitalismus. Der Autor und Regisseur, der in Wien und Oberösterreich verwurzelt ist, führt auf einem cineastischen Spielfeld eine Unternehmerfamilie ans Ende ihrer Tage. Standing Ovations!
Da braut sich was zusammen: Der alternde Unternehmer Moor will die marode Firma nicht verkaufen, obwohl ihn Tochter Franziska, die ständig für ihn da war, darum bittet. Er wartet lieber auf Karl, den verlorenen Sohn, der jetzt zurückkehrt. Aber der ist als „neuer Messias“ in radikale Gruppen verstrickt. Als er heimkehrt und die Firma bekommt, wird die (missbrauchte) Tochter zur Täterin. Rundherum spinnen die Politiker, die Freunde ihre Netze der Macht, die keine Grenzen kennen, nicht einmal der Tod wird ihre Machenschaften beenden.
Eine präzise Vision
Ulf Dückelmann entführt in seinem Stück „Der verlorene Sohn“ nach Motiven von Schillers „Räuber“ in eine Schlangengrube namens Familie. Und er skizziert eine Modellgesellschaft am Ende des Kapitalismus: Die Welt ist nicht mehr als ein Geschäft! Und damit sind auch alle sozialen Beziehungen in Nehmen und Tauschen aufgesplittert, in Haben und Haben, in Fressen und gefressen werden.
Im Nirgendwo gefangen
Dückelmanns Regie setzt auf ein großes Spielfeld, optisch ein Utopos zwischen Wald, Wüste und zerstörtem Land, verkohlte Stämme und Ledersofa stehen nebeneinander. Seine Regie entfaltet Endzeitstimmung, die von messerscharfen Dialogen durchschnitten wird und er öffnet die Bühne durch eine Leinwand. In den Videos ist Franziska „in Therapie“, gibt Einblick in ihren Hass und ihre Ohnmacht - brillant gespielt von Susanna Bihari, man hängt an ihren Lippen.
Charaktere mit Tiefe
Auch die anderen Charaktere lassen die Tiefe von durchdachten Biographien spüren. Wolfgang Hundegger in der Rolle des Vaters ist ein alternder Patriarch, aalglatt und doch bedürftig. Till Bauer als Sohn ist ein Suchender, ein selbstzerstörerischer Zweifler, der an David Zimmering als mafiosem Seelenräuber abprallt. Maria Knierzinger, Annette Holzmann, Jakob Wenig, Herbert Schaumberger, Christoph Schulenberger, Karl Hofer und Thomas Werrlich komplettieren die großartige Ensembleleistung.
Theaterzeit geht weiter
Mit der Uraufführung, die mit Beifall übergossen wurde, ist nun das Festival Theaterzeit in der Messehalle Freistadt eröffnet. Bis 5. August gibt es nicht nur Theater, sondern weitere Highlights: Eine Show mit dem legendären Mühlviertler Versicherungsmakler Rudi Hofer alias „Elvis - The King“. Man serviert bei der Theaterzeit Freistadt aber auch ein hochkarätiges „Literarisches Menü“ mit renommierten Autoren wie Michael Köhlmeier, Monika Helfer, David Wagner und Tarek Leitner. Für junge Menschen gibt es u.a. eine Schreibwerkstatt und eine Kindertheaterwoche.
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