Zu nah an Felswand

Zerfetzter Rotor von Notarztheli: Ermittlungen

Tirol
25.07.2023 07:00

Der Tiroler Rettungshubschrauber C1 flog am Sonntag zu nah an eine Felswand, alle vier Rotorblätter wurden beschädigt: Ein Augenzeuge filmte die knatternde Notlandung am Flughafen. Nun ermittelt die Flugunfallbehörde.

Aufsehen erregte am Sonntagabend eine alles andere als planmäßige Landung eines Notarzthubschraubers der ÖAMTC-Christophorus-Flotte am Innsbrucker Flughafen: Ein Augenzeuge filmte den „Gelben Engel“, als dieser mit verdächtig lauten Geräuschen vom Himmel schwebte und rutschend im Gras neben der Piste landete.

Am selben Abend wurden die Rotorblätter demontiert, der Helikopter mittels Kran auf einen Lkw verfrachtet und in den Hangar abtransportiert. Das Bild erinnert an den Vorfall von Axams im Jänner dieses Jahres, als derselbe Helikopter (C1) an der Hauptrotorwelle hängend ins Tal geflogen wurde. Dazu später mehr. 

Der C1 baumelt am Kran, die Rotorblätter sind demontiert. (Bild: Liebl Daniel)
Der C1 baumelt am Kran, die Rotorblätter sind demontiert.
Eines der vier beschädigten Rotorblätter (Bild: Zvg)
Eines der vier beschädigten Rotorblätter
Der Notarztheli Christophorus 1 in Aktion: Bei einer Aktion auf der Nordkette wurde der Rotor schwer beschädigt. (Bild: Zvg)
Der Notarztheli Christophorus 1 in Aktion: Bei einer Aktion auf der Nordkette wurde der Rotor schwer beschädigt.
Ein weiteres schwer beschädigtes Blatt des Rotors (Bild: Birbaumer Christof)
Ein weiteres schwer beschädigtes Blatt des Rotors

Schwebeflug mit Landekufe am Hang
Was war geschehen? Sonntag Nachmittag gegen 15.45 Uhr wurde der Notarztheli angefordert, weil ein Bergsteiger im Bereich des Brandjochkreuzes eine Armverletzung erlitten hatte – eigentlich ein Routineeinsatz. Der Helikopterpilot flog zum Einsatzort in steilem Gelände und setzte dort den Notarzt ab: „Zu diesem Zweck stellte er den Helikopter im Schwebeflug mit einer Kufe am Hang ab und ließ den Retter aussteigen“, schildert ÖAMTC-Sprecher Ralph Schüller das Prozedere. „Während dieser den Patienten versorgt, fliegt der Helikopter ab und kommt später wieder.“

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Die Routine des Piloten hat dazu beigetragen, dass alles gut ausgegangen ist. Das ist ein Szenario, das am Flugsimulator immer wieder trainiert wird.

ÖAMTC-Sprecher Ralph Schüller

Piloten trainieren solche Situationen
Beim Wiederaufnehmen von Arzt und Patient in den Helikopter auf die vorhin beschriebene Weise passierte es: Der Rotor hatte Kontakt mit dem Boden bzw. einer Felswand. „Alle vier Blattenden wurden beschädigt. Das merkt der Pilot natürlich, das ist in etwa so, wie wenn ein Autofahrer gegen den Bordstein fährt“, sagt der Sprecher. Der Pilot drehte ohne Passagiere aufzunehmen sofort ab und setzte das Fluggerät trotz schwerer Beschädigungen sicher in der Wiese auf. „Die Routine des Piloten hat dazu beigetragen, dass alles gut ausgegangen ist. Das ist ein Szenario, das am Flugsimulator immer wieder trainiert wird“, betonte Schüller.

Rotor schleuderte Steine weg, einer traf Notarzt
Durch die Berührung des Rotors mit der Felswand wurden Staub und Steine in die Luft geschleudert. Einer davon traf den Notarzt (35) am Arm, er wurde leicht verletzt. Notarzt und Patient wurden schließlich vom Polizeihubschrauber geborgen. Der Pilot wollte auf „Krone“-Anfrage nichts zu dem Einsatz sagen. „Er steht den ermittelnden Behörden für Auskünfte zur Verfügung“, hieß es.

C1 hing heuer schon am „seidenen Faden“ 
Im Jänner musste derselbe Helikopter in der Axamer Lizum geborgen werden: Warnlampen leuchteten im Cockpit auf, nachdem der Notarzthubschrauber C1 im Jänner dieses Jahres zu einem Einsatz auf einer Skipiste in der Axamer Lizum gelandet war. Wie die Ermittlungen dazu ergaben, war das Fluggerät auf harter Piste nach dem Aufsetzen ein Stück zurückgerutscht. Dabei sei eine „Mastmoment-Überlastung“ am Rotor aufgetreten. Die Luftfahrt-Vorschriften verbieten in so einem Fall einen erneuten Start.

Bergung warf Fragen auf
Der ÖAMTC-Flugrettung blieb nichts anderes übrig, als den Hubschrauber teilweise zu demontieren, sprich die Rotorblätter zu entfernen, und den Rumpf mittels Lastenhelikopter ins Tal fliegen zu lassen. Die Bergung während der Betriebszeiten des Skigebiets und über eine Seilbahntrasse sorgten für Unverständnis: „Hätten wir das gemacht, hätte man uns wohl an den Pranger gestellt“, meinte der Flugunternehmer Roy Knaus zu dem Fall. Videos davon im Netz gingen viral.

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Aber man kann so etwas nicht kontrollieren. Ob das Rotorblatt reparierbar wie beim C1 ist, oder ob der Heli am Ende abstürzt, hat nur noch mit Glück zu tun.

Heli-Tirol-Pilot Roy Knaus

Weite Anreise aus der Schweiz
Knaus kritisierte weiters, dass mit dem Abtransport der defekten Maschine vom ÖAMTC die Vorarlberger Firma Wucher beauftragt worden sei. „Und die ließ einen Hubschrauber aus der fernen Schweiz in die Axamer Lizum fliegen. Wir hätten eine geeignete Maschine in Hochgurgl bereit gehabt“, wunderte sich Knaus. 

Bodenkontakte mit fatalen Auswirkungen
Blattkontakte von Helikoptern mit Gegenständen haben meist fatalste Auswirkungen: 2017 wurde eine Bell Cobra am Flugplatz Höfen total zerstört, als der Rotor das Hausdach berührte. Heli-Tirol-Pilot und Chef Roy Knaus schildert seine Erfahrungen: „Ich hatte vor 20 Jahren selbst zwei Blattberührungen, eine unverschuldet, ich hatte nicht mal was gemerkt und erst am Boden leichte Spuren am Blatt gesehen. Später am Kitzsteinhorn flog ich zu knapp zu einer Mischmaschine und beschädigte die Blätter. In beiden Fällen waren sie reparierbar. Aber man kann so etwas nicht kontrollieren. Ob das Rotorblatt reparierbar wie beim C1 ist, oder ob der Heli am Ende abstürzt, hat nur noch mit Glück zu tun.“

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