„Krone“ vor Ort
Ganz Rhodos ist auf der Jagd nach dem Feuerteufel
Ein „Krone“-Lokalaugenschein auf der Flammeninsel Rhodos: Wie Österreichern geholfen wird - und warum die Wut der Griechen jetzt immer größer wird.
Wie ein überdimensionales Seidentuch, das sich über der Ägäis ausbreitet, wirkt der gelblich-graue Schleier aus Sand und Rauch vom Flugzeug-Fenster aus. Schon bei den ersten Schritten über das Rollfeld versetzt einem die Hitze einen Hieb.
Neben den Ferienfliegern sind Löschflugzeuge geparkt. Sie werden im Akkord gefüllt. Die Luft flimmert vor Kerosin. Eine der gelben Propellermaschinen ist nicht zurückgekehrt - Absturz auf der Halbinsel Euböa im Kampf gegen die Flammenwalze. Gepaart mit dem drückenden Dunst, stellt sich blitzartig ein beklemmendes Gefühl ein. Endzeitszenario Fegefeuer ...
Im Terminalgebäude rattern die Klimaanlagen auf Hochtouren. Die Familie von Marion und Richard M. aus Wien-Liesing ist soeben gelandet. Papa trägt Klein Dominik (4) auf den Schultern. Die ältere Tochter will nicht mit auf das Bild kommen. „Wir konnten nicht mehr stornieren“, erzählt die Mutter. „Aber ich denke, es war die richtige Entscheidung. Unser Hotel ist offenbar nicht betroffen.“ Beim Check-in-Bereich für die Heimflüge herrscht indes Massenandrang. Chaos, aber Chaos unter Kontrolle.
Schwarze Schneisen und der Fels in der Brandung
Als Fels in der Brandung steht das Krisenteam des heimischen Außenministeriums bereit. Die Kolleginnen und Kollegen in ihren rot-weiß-roten Westen und mit der aufgenähten EU-Flagge dienen als Anlaufstelle für gestrandete Urlauber. Sie plaudern entspannt, geben Tipps - so unbürokratisch kann Hilfe im Ausland sein.
Schauplatzwechsel in den Süden der Insel: Orange und feuerrot flackernde Flammenzungen fressen sich durch das staubtrockene Eiland und hinterlassen schwarze Schneisen der Verwüstung. Windböen, so heiß wie aus einem Haarföhn, fachen gelöscht geglaubte Glutnester immer wieder an. Eine Armada an Freiwilligen unterstützt die Einsatzkräfte in der Feuerhölle.
Doch gleichzeitig wächst die Wut im Bauch der Bevölkerung. Denn Klimawandel hin, Klimawandel her - das Inferno wurde von Menschenhand ausgelöst. Die Behörden gaben am Dienstag bekannt, dass das Feuer nahe der Stadt Kiotari seinen Ursprungsort hatte - und zwar in den dortigen Touristenunterkünften.
„Derzeit“, so der stellvertretende Feuerwehr-Chef Yiannis Artophios, „wird geprüft, ob der Brandherd auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit zurückzuführen ist. Personen wurden zu Zeugenaussagen bestellt, weitere werden noch vorgeladen.“ Ganz Rhodos kämpft noch immer gegen das Inferno, aber die Jagd nach dem mutmaßlichen Feuerteufel nimmt Fahrt auf. Es riecht nach Ruß - und es riecht nach Rache.
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