Nach seiner Politikerschelte in Bregenz und der Kritik an der „Normal“-Debatte hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Donnerstag verbal nachgelegt. In seiner Eröffnungsrede bei den Salzburger Festspielen kritisierte er die abnehmende Toleranz im Land - vor allem im Umgang mit sozialen Medien. „Wir diskutieren zu wenig miteinander“, richtete er einen Appell an die Bevölkerung im Allgemeinen - und Norbert Hofer (FPÖ) im Besonderen.
Ab heute folge er „ganz schmerzfrei“ dem Instagram-Account seines einstigen Herausforderers Norbert Hofer (FPÖ). Dem blauen Politiker wiederum empfahl er: „Folgen Sie dem Account von Greta Thunberg!“
„Nicht auf Zuruf“
Hofer selbst reagierte im „Krone“-Gespräch abweisend: „Greta Thunberg folge ich nicht und ich habe auch nicht vor, auf Zuruf jene auszuwählen, denen ich folgen soll.“ Grundsätzlich folge er aber „seit Jahren Menschen mit anderen Weltanschauungen auf Twitter, so auch dem Bundespräsidenten, dem Vizekanzler, dem Bundeskanzler, dem US-Präsidenten Joe Biden und anderen.“
„Besuchen Sie einmal die benachbarte Blase“
Van der Bellen stellte dabei vor allem den Umgang mit sozialen Medien in den Fokus. Zu oft vermisse er darin den respektvollen Umgang miteinander. „Andere Meinungen werden nicht akzeptiert.“ Sein Appell an die Internet-User: „Folgen Sie den Menschen, denen Sie nicht folgen würden. Besuchen Sie einmal die benachbarte Blase. Bringen Sie Ihre eigene Blase zum Platzen.“ Auf diese Art bekomme man seiner Meinung nach auch Ausschnitte der Realität zu sehen, die man anders nie zu Gesicht bekommen würde. „Und auf diese Art bekommen wir vielleicht auch wieder das Bild einer gemeinsamen Realität.“
Und er fügte hinzu: „Gehen Sie ins Gasthaus, auf den Fußballplatz, in den Sportverein, ins Theater, reden Sie miteinander. Tauschen Sie Ihre Ansichten aus und hören Sie einander zu. Wir müssen uns nicht mögen, um uns zu liken. Wir müssen uns auch nicht aufs Wort folgen, um uns zu followen.“
Man könne lamentieren und auch beklagen, „dass die Algorithmen uns ganz automatisch nur Meinungen zuspielen, die uns recht geben und in unserer Meinung bestätigen oder anstacheln“. Das führe dann dazu, das Follower von Herbert Kickl glauben, in einer ganz anderen Welt zu leben als Follower von Werner Kogler, Beate Meinl-Reisinger, Karl Nehammer, Andreas Babler „oder Alexander Van der Bellen“, führte das Staatsoberhaupt aus. Aber: „Wir können es ändern.“ Raus aus der Blase, und das nicht nur im Internet, sei die Devise.
„Ändern Sie die Spielregeln“
Symbolisch dafür zückte Van der Bellen vor dem Publikum sein Smartphone und „abonnierte“ den Instagram-Account seines ehemaligen Konkurrenten um die Präsidentschaft, Norbert Hofer (FPÖ). Diesem richtete er aus: „Falls Sie zuhören, Sie können ruhig auch dem Account von Greta Thunberg followen zum Beispiel. Wenn Sie es nicht schon tun.“ Und den Menschen im Publikum, darunter Vertreter der türkis-grünen Bundesregierung: „Folgen Sie einmal Fridays For Future. Oder dem Autofahrerclub. Ändern Sie die Spielregeln.“
Es ist längst kein Geheimnis, dass der 79-Jährige die Demokratie bedroht sieht. „Wir müssen auf die liberale Demokratie achten und in ihr die konstruktive Kritik und den konstruktiven Streit pflegen, sonst steuern wir auf eine Autokratie zu“, hatte er vergangene Woche in seiner Eröffnungsrede bei den Bregenzer Festspielen gesagt.
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