Die pompösen Ritterspiele am Ehrenberg-Areal bei Reutte sind gestorben. Romanautor Tobias Pamer schmerzt das besonders, er wäre nämlich in Rüstung in den Kampf gezogen. Der gebürtige Tarrenzer hat sich mit Haut und Haar der Geschichte verschrieben und führt ein Doppelleben.
Bereits 18 Mal verwandelte sich das Areal am Fuße der Festung Ehrenberg am letzten Juliwochenende in ein stimmungsvolles mittelalterliches Gelage. Die „Zeitreise“ in die Mitte des zweiten Jahrtausends zog Tausende Akteure und Zuschauer an, die Ritterspiele waren bis 2019 Publikumsmagnet. Corona hat die fulminante Show beendet, für immer. Für die Organisatoren „passt das Format nicht mehr in den touristischen Sommer“. Einem jungen Tarrenzer tut dies besonders leid: Tobias Pamer hat sich mit Haut und Haar der Geschichte verschrieben und auch darüber Geschichten geschrieben.
Mit 19 Jahren ersten Roman veröffentlicht
„Im Alter von 16 Jahren habe ich den ersten historischen Roman gelesen, in Kombination mit ,Herr der Ringe’ habe ich eine unglaubliche Faszination für diese Zeit entwickelt“, erinnert sich der mittlerweile 28-jährige Magister der Geschichte und Germanistik. Er begann selbst zu schreiben. „Blutballaden“ heißt sein erster historischer Roman, den er bereits mit 19 veröffentlichte. Mittlerweile sind zwei weitere Werke entstanden.
„In meinen mittelalterlichen Geschichten wird natürlich auch gekämpft. Ich wollte wissen, wie sich das wirklich anfühlt“, grinst Pamer spitzbübisch und erzählt vom ersten Schwert, mit dem er seinen Laptop zertrümmerte. Mit Freunden wurde eine Mittelaltergruppe gegründet, um in diese Zeit so richtig einzutauchen.
„Zeitreise“ wird es nicht mehr geben
Mit Haut und Haaren eben, also auch mit Schwert und Rüstung, 30 Kilogramm schwer, mit 167 handgeschmiedeten Elementen. „Es ist ein Mythos, dass man in Ritterrüstungen unbeweglich ist“, sagt er. Und er muss es ja wissen, denn er kämpft mittlerweile bei Mittelalterfesten im Vollkontakt mit stumpfem Schwert - am liebsten auf Ehrenberg. Das muss er allerdings mit der Faust im Sack geistig streichen, denn die „Zeitreise“, wie das Ritterfest nahe Reutte genannt wurde, wird es nicht mehr geben. „Das sind übrigens nicht einstudierte Schaukämpfe mit fixer Choreografie“, fügt der Historiker schnell hinzu.
In diesem Jahr werde sich allerdings bestenfalls das traditionelle Riesenfest in Schluderns im August ausgehen, der berufliche Druck steige.
Noch im August zum Ritter geschlagen - welche Ehre
Im Jänner soll die Doktorarbeit fertig sein, vorher geht’s noch für drei Projektmonate in die USA. Eine wesentlich kürzere Reise steht noch im August an, auf die sich der Mittelalterfan riesig freut: In Südtirol wird er vom Bündnis abendländischer Ritterschaften zum Ritter geschlagen. Eine große Ehre für „Ritter Tristan“, dessen jüngstes Werk als Mitautor „Bergbau in Tirol“ äußerst gefragt ist.
Gefragt wären auch in der heutigen Zeit die ritterlichen Tugenden, meint „Tristan“, dessen Faszination für die Geschichte auch in seiner Website unüberlesbar ist: „Es ist nicht wahr, dass die Geschichte vergangen und vorbei ist - im Gegenteil! Die Geschichte ist nur der Versuch der Erweiterung unseres Tunnelblicks auf vergangene Ereignisse.“
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